Montag, 3. Dezember 2012

Klimaschutz: Schweiz auf Rang «7»

Die deutsche Umweltorganisation Germanwatch hat ihren Klimaschutz-Index veröffentlicht. Während die ersten drei Ränge gar nicht erst vergeben werden, da kein Land eine solche Rangierung verdient, folgt Dänemark an 4. Stelle als bestklassiertes Land. Platz 7 (resp. viertbestes Land) ist sodann die Schweiz, dicht gefolgt von Deutschland - welches als beste Klimaschutznation der grossen Treibhausgasemittenten gilt. Fortschritte macht insbesondere China.

Es ist eine symbolische Geste: Wenn die Umweltschutzorganisation Germanwatch einmal jährlich ihren Klimaschutz-Index veröffentlicht, bleiben die ersten drei Plätze traditionell frei. Die Rangliste zeigt, wie sehr sich die Staaten der Welt beim Klimaschutz ins Zeug legen. Und weil nach Ansicht der Öko-Aktivisten kein Staat der Welt genug gegen die Erderwärmung tut, sind die Medaillenränge auch dieses Jahr unbesetzt. 


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Am Montag hat die Organisation das aktuelle Ranking auf dem Klimagipfel in Doha vorgestellt. "In manchen Ländern gibt es positive Ansätze, bei den großen Emittenten passiert aber zu wenig", fasst Jan Burck von Germanwatch die Ergebnisse im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE zusammen. Auf den vorderen Rängen liegen mit Dänemark (Platz vier) und Schweden (Platz fünf) zwei alte Bekannte. Doch schon der nächste Staat auf der Liste überrascht auf den ersten Blick: Portugal hat sich im Ranking weit nach vorn geschoben, auf Platz sechs - und dann eben die Schweiz.

Portugals gute Rangierung liegt zum einen an der Wirtschafts- und Finanzkrise, die auch in anderen Problemländern wie Spanien, Italien, Irland und Griechenland zu einem Rückgang der Industrieproduktion - und damit auch der Emissionen - führte. Doch im Fall von Portugal lobt die Organisation zum anderen, dass die Regierung auch in schwierigen Zeiten an ihren Klimaschutz-Bemühungen festgehalten habe. 
Drastische Kritik unter den europäischen Ländern müssen sich dagegen die Niederlande (Platz 49) und Polen (Platz 44) gefallen lassen. Die Haltung Polens gilt auf dem Gipfel in Doha auch als entscheidender Grund dafür, dass die Europäische Union ihr CO2-Reduktionsziel bis zum Jahr 2020 nicht von 20 auf 30 Prozent anhebt - denn knapp 20 Prozent hat die Gemeinschaft schon jetzt erreicht. Deutschland ist im aktuellen Ranking um zwei Plätze abgerutscht und nun auf Platz acht zu finden. "Weltweit funktioniert Umweltschutz nur noch über den Ausbau an erneuerbaren Energien", sagte Umweltminister Peter Altmaier noch am Wochenende in einem Gastkommentar in der "Bild am Sonntag". Doch genau daran hakt es in der Praxis. Die deutsche Energiewende ist ins Stocken gekommen - auch durch Zankereien in der schwarz-gelben Koalition: "Die Regierung blockiert sich gegenseitig", klagt Jan Burck. Punktabzug gibt es für Deutschland auch bei der Energieeffizienz: "Da ist noch viel Luft nach oben." 

Im Detail werden für den Index folgende Bereiche ausgewertet:
  • Höhe der Emissionen (30% der Gesamtnote)
  • Entwicklung der Emissionen (30%)
  • Erneuerbare Energien (10%)
  • Energieeffizienz (10%)
  • Klimapolitik (20%)
Zu den positiven Überraschungen zählt Mexiko, das sich auf Rang 14 wiederfindet. Der große Gewinner sind in diesem Jahr allerdings die USA. Zwar liegen sie auf Platz 43 noch immer im hinteren Drittel der Liste, haben aber einen Sprung nach vorne gemacht, weil die CO2-Emissionen des Landes merklich gesunken sind. Das hat neben der Krise vor allem mit dem Erdgas aus unkonventionellen Quellen zu tun, das die amerikanischen Märkte seit einiger Zeit flutet. Weil durch den Gasboom die Energieerzeugung aus noch klimaschädlicherer Kohle zurückgegangen ist, haben sich die Emissionen bei der Verbrennung verbessert. Allerdings fehlen in den Statistiken die Klimagase, die direkt am Bohrloch anfallen - und diese Mengen können beträchtlich sein. Die Bewertung der USA ist also mit einiger Vorsicht zu genießen. Dennoch loben die Umweltschützer das Land ein wenig: "Die Lage ist nicht mehr ganz so schlecht wie unter der Bush-Regierung", heißt es, nicht zuletzt wegen massiver Investitionen von Bundesstaaten wie Kalifornien in erneuerbare Energien.

Auch im Fall von China (Platz 54) sieht man bei Germanwatch zumindest "einige Lichtblicke" - obwohl der Treibhausgas-Ausstoß des Landes von Rekord zu Rekord klettert. "Das Land steht am Scheideweg", sagt Burck. So habe es bei der Energieeffizienz immerhin leichte Verbesserungen gegeben. Die massiven chinesischen Investitionen in klimafreundliche Energietechnik spiegelten sich jedoch noch nicht in den Daten zum CO2-Ausstoß wieder.

Die letzten Plätze auf der Rangliste belegen Kanada (Platz 58), Kasachstan (Platz 59), Iran (Platz 60) und Saudi-Arabien (Platz 61). Die Länder sind für die Umweltschützer alte Bekannte, denn sie sind von ihren Ressourcenexporten abhängig und haben bisher wenig bis gar kein Interesse am Klimaschutz gezeigt. Immerhin hat Saudi-Arabien aber eine Investitionsstrategie für Erneuerbare Energien angekündigt. Gipfelgastgeber Katar taucht in der Liste wegen "methodischer Schwierigkeiten" nicht auf, hätte aber wegen der höchsten CO2-Pro-Kopf-Emissionen der Welt kaum Chancen auf vordere Plätze.

Insgesamt ist das Urteil der Umweltschützer klar: Kein Land der Welt tut genug, um einen gefährlichen Klimawandel zu verhindern. Umweltminister Altmaier sieht das offenbar auch so: "Es fehlt allerorten an politischem Willen und an öffentlicher Unterstützung", klagte er in seinem Kommentar. Was das bedeutet, haben die Forscher des Global Carbon Project gerade im Fachjournal "Nature Climate Change" vorgerechnet: Allein zwischen 1990 und 2011 ist der globale CO2-Ausstoß demnach um 54 Prozent gestiegen. Mit dem für 2012 prognostizierten weiteren Plus ergibt sich sogar ein Zuwachs um insgesamt 58 Prozent. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts könnte das zu einem Anstieg der Durchschnittstemperaturen um bis zu fünf Grad führen, warnen die Forscher. Corinne Le Quéré vom britischen Tyndall Centre for Climate Change ist eine der Autorinnen der Studie. Sie klagt: "Angesichts der steigenden Emissionen könnte man meinen, dass niemand auf die gesamte Gemeinschaft der Wissenschaftler hört."

Quelle: Spiegel 3. Dezember 2012

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