Wer auf dem Strommarkt optimal handeln will, muss wissen, wie der Wind weht und wann die Sonne scheint. Das Online-Prognosesystem der Firma enercast GmbH unterstützt Netzbetreiber mit Regelprognosen für Windkraft und Photovoltaikanlagen und liefert die aktuell produzierten Strommengen-Werte aus Wind- und Solaranlagen.
Ob ein Standort sich für eine Windkraftanlage eignet, lässt sich anhand von Wetterdaten sicher vorhersagen. Dasselbe gilt, wenn es darum geht, ob eine Photovoltaikanlage auf einem Gebäude rentabel arbeitet. Um in den Genuss einer Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG zu kommen, muss abgeschätzt werden, ob eine Anlage Gewinn macht. Schwieriger wird es, wenn die Übertragungsnetzbetreiber für den Strom aus Windparks oder Photovoltaikanlagen einen akzeptablen Preis auf dem Strommarkt erzielen wollen. Hier sind besonders genaue Prognosen gefragt. Je besser die Betreiber die Strommengen vorhersagen können, die sie dann auch produzieren, umso weniger Reserven müssen sie bereitstellen. Auch der teure Zukauf von Ausgleichsenergie fällt dann nicht an. Erschwerend kommt hinzu, dass die meisten Anlagen mit Zählern versehen sind, die nur einmal im Jahr abgelesen werden. Die Ist-Werte – also der tatsächlich produzierte Strom etwa einer Photovoltaikanlage – wird über ein komplexes Berechnungsverfahren des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES ermittelt und ebenfalls im Online-Portal von enercast (www.enercast.de) bereitgestellt.
Das intelligente Prognosesystem für Wind- und Photovoltaikanlagen wurde von Forschern des IWES in Kassel zusammen mit der enercast GmbH entwickelt. Die Berechnungen basieren auf künstlicher Intelligenz – in Verbindung mit neuronalen Netzen. »Das heißt, unsere Algorithmen lernen aus den eingespeisten Wetter- und Leistungsdaten der Vergangenheit. Dabei geben wir Werte wie Windgeschwindigkeiten, Luftfeuchtigkeit oder Temperatur, die wir von Wetterdiensten ankaufen, ein und erhalten Prognosen mit einer Fehlerquote von maximal fünf Prozent, die im Wesentlichen aus den Unsicherheiten beim Wetter resultieren«, sagt der stellvertretende Institutsleiter Dr. Kurt Rohrig.
»Dazu kommen die Ist-Prognosen: Unser Portal enercast.de ermittelt außerdem die tatsächlichen Einspeisemengen von Solarenergie in die Verteil- und Übertragungsnetze«, erläutert enercast-Geschäftsführer Thomas Landgraf. Das System nutzt dazu Messdaten verschiedener Referenzanlagen und rechnet diese auf die gesamte PV-Einspeisung in die jeweiligen Netze hoch. Die Online-Windprognose sagt den Netzwerkbetreibern bis zu 72 Stunden im Voraus, wie viel Strom die Windenergieanlage liefert – entsprechend können sie an der Strombörse handeln. Für PV-Anlagen ohne direkte Leistungsmessung berechnet das Portal auf der Basis von Satelliteneinstrahlungsdaten genaue Einspeisewerte. Dabei berücksichtigen die Forscher satellitengestützte Informationen über tatsächliche und individuelle Sonneneinstrahlung beliebiger Gebiete.
»Interessant ist das Portal auch für Anlagenbetreiber, die nicht über das EEG einspeisen, etwa um die Produktion möglichst genau zu steuern und Strafen zu vermeiden«, ergänzt Rohrig. Händler schätzen anhand der Folgetagprognosen ein, ob sie die auf dem Day-Ahead-Spotmarkt gefragten Werte erreichen. »Im Idealfall gibt es dann keine Überproduktion von Strom. Stellen sie fest, dass die Nachfrage geringer ist als die Produktion oder ist der Wind schwächer als prognostiziert, kann der Wert im Nachhinein auf dem Intra-Day-Handel korrigiert werden. Hier kann man noch eine Stunde im Voraus neue Stromanteile kaufen oder verkaufen«, erklärt Markus Speckmann aus dem Bereich Energiewirtschaft und Netzbetrieb.
Das IWES hat Erfahrung bei der Ist-Wert-Vorhersage von Strom. »Wir arbeiten hier schon seit über 10 Jahren mit den vier großen Energieverteilern EnBW, Amprion, TenneT und 50Hertz zusammen«, sagt Rohrig. »Immer häufiger kamen Anfragen von kleinen Netzbetreibern, die online über ein Portal genaue Werte abfragen wollen. Auch das können wir jetzt bieten.« Besonders bemerkenswert findet Thomas Landgraf von enercast, dass es in dieser Kooperation so gut gelungen ist, die Stärken aus Erfindung und Innovation zu koppeln.
Quelle: Fraunhofer
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