Am Vortag erschien der World Energy Outlook, der jedes Jahr die Perspektiven der Internationalen Energie Agentur aufzeigt (siehe Solarmedia vom 9. November 2010). Solarmedia liegt eine deutsche Zusammenfassung vor, und gibt die wichtigsten Passagen wörtlich wieder. Darüber, ob im Jahr 2035 der Anteil der solaren Stromproduktion erst zwei Prozent beträgt, ist nach Einschätzung von Solarmedia das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Doch worauf basieren die Angaben überhaupt? Die Internationale Energie-Agentur (IEA) wurde im November 1974 als autonome Institution gegründet. Sie hat gemäss eigenen Angaben einen doppelten Auftrag: die Energieversorgungssicherheit in ihren Mitgliedsländern durch gemeinsame Maßnahmen zur Bewältigung von Ölversorgungsstörungen zu fördern und ihre Mitgliedsländer in Fragen der Energiepolitik zu beraten. Die IEA führt ein umfassendes Programm der Energiekooperation zwischen 28 fortgeschrittenen Volkswirtschaften durch, die alle verpflichtet sind, Ölvorräte im Umfang ihrer Nettoölimporte von 90 Tagen zu halten. Der Ausblick auf den globalen Energiebedarf bis zum Jahr 2035 wird maßgeblich von energiepolitischen Maßnahmen und deren Einfluss auf Technologie, Energiepreise und das Verhalten der Endverbraucher bestimmt. Die von verschiedenen Ländern in letzter Zeit angekündigten Zusagen und Pläne können die Energienachfrage und den damit verbundenen CO 2-Ausstoß spürbar beeinflussen, wenn sie denn umgesetzt werden. Im Szenario der neuen energiepolitischen Maßnahmen steigt der globale Primärenergieverbrauch zwischen 2008 und 2035 um 36%, von ca. 12.300 Millionen auf 16.700 Millionen Tonnen Rohöleinheiten (MtRÖE), was einem durchschnittlichen Wachstum von 1,2% pro Jahr entspricht.
Im Szenario der neuen energiepolitischen Rahmenbedingungen steigt die Nachfrage
nach allen Energieträgern an. Auf fossile Brennstoffe entfällt dabei mehr als die Hälfte des Zuwachses im Bereich der Primärenergie. Steigende Endverbraucherpreise
für fossile Energieträger als Folge des Preisdrucks an den internationalen Märkten und immer höhere Kosten für Kohlendioxidemissionen, sowie politische Rahmenbedingungen zur Förderung von Energiesparmaßnahmen und der Umstellung auf CO2-arme Energieträger, bremsen den weiteren Anstieg der Nachfrage nach fossilen Energieträgern. Erdöl bleibt der wichtigste fossile Brennstoff im Primärenergiemix bis ins Jahr 2035, obwohl sein Anteil, der 2008 noch 33% betrug, auf 28% sinkt. Dieser Rückgang ist bedingt durch die hohen Preise sowie die staatlichen Maßnahmen zur Förderung von Brennstoffeffizienz, wodurch im Industriesektor und in der Stromerzeugung der Brennstoffwechsel voranschreitet, und sich im Transportsektor neue Möglichkeiten zur Substitution von Treibstoffen ergeben.
Die globale Nachfrage nach Strom dürfte weiterhin schneller steigen als die Nachfrage nach den übrigen Formen von Endenergie. Im Szenario der neuen energiepolitischen Rahmenbedingungen nimmt der Stromverbrauch zwischen 2008 und 2035 jährlich um 2,2% zu. Mehr als 80% dieses Anstiegs entfällt auf Nicht-OECD- Länder. In China verdreifacht sich die Stromnachfrage zwischen 2008 und 2035. In den kommenden 15 Jahren wird China soviel neue Kraftwerkskapazität in Betrieb nehmen wie gegenwärtig in den Vereinigten Staaten installiert ist. Die in der Periode 2009-2035 insgesamt als Ersatz für Altanlagen sowie zur Deckung der steigenden Nachfrage neu in Betrieb genommene Kraftwerkskapazität beläuft sich auf ca. 5.900 Gigawatt (GW), 25% mehr als heute insgesamt in Betrieb sind. Über 40% der zusätzlichen Kapazität gehen bis 2020 ans Netz.
Erneuerbare Energien sind von entscheidender Bedeutung, um die Welt auf einen sichereren, zuverlässigeren und nachhaltigeren Energiepfad zu führen. Das Potenzial ist zweifellos immens, aber wie schnell ihr Anteil bei der Deckung des globalen Energiebedarfs wächst, hängt kritisch von der Stärke staatlicher Unterstützungsmaßnahmen ab. Diese werden entscheidend dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit von erneuerbaren Energien gegenüber anderen Energieträgern zu erhöhen und technologische Weiterentwicklung zu fördern. Sollten die Erdgaspreise niedriger sein als in unserer Analyse angenommen, wäre der Bedarf an staatlicher Förderung noch höher.
Die Möglichkeiten einer stärkeren Nutzung der erneuerbaren Energien sind — absolut betrachtet — in der Stromerzeugung am größten. Im Szenario der neuen energiepolitischen Rahmenbedingungen verdreifacht sich die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zwischen 2008 und 2035. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Weltstromerzeugung erhöht sich in diesem Zeitraum von 19% auf beinahe ein Drittel und schließt damit zur Kohle auf.
Die Stromerzeugung durch Photovoltaik-Anlagen nimmt rasch zu, obgleich ihr Anteil an der Weltstromerzeugung 2035 nur ca. 2% erreicht. Der Anteil moderner, erneuerbarer Energien an der Wärmeerzeugung in der Industrie und im Gebäudesektor steigt von 10% auf 16%. Die Nutzung von Biokraftstoffen erhöht sich zwischen 2008 und 2035 um mehr als das Vierfache, und liefert am Ende der Referenzperiode 8% des im Straßenverkehr benötigten Kraftstoffs (gegenüber 3% heute). Erneuerbare Energien sind generell kapitalintensiver als fossile Brennstoffe, so dass der Investitionsbedarf für ihren Ausbau sehr hoch ist: allein die in der Stromerzeugung für den Zeitraum 2010- 2035 erforderlichen Mittel belaufen sich ingesamt auf geschätzte 5,7 Billionen USD (in 2009 USD). Der höchste Investitionsbedarf besteht in China, das in der Produktion von Windenergie- und Photovoltaikanlagen inzwischen eine Führungsrolle übernimmt und sich zu einem bedeutenden Anbieter von Anlagen und Komponenten entwickelt hat. Der Nahe Osten und Nordafrika bieten ein enormes Potenzial für den Ausbau der Solarenergie in größerem Umfang, doch müssen zuerst viele marktwirtschaftliche, technische und politische Herausforderungen bewältigt werden.
© Solarmedia / Quelle: IEA
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