Montag, 7. November 2011

PV-Branche im Wandel

Die Schwerpunktverlagerung des weltweiten Photovoltaikmarktes schreitet schneller voran als bislang erwartet. Schon in diesem Jahr wird die neu installierte Solarstromleistung in China so hoch ausfallen wie in den USA. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Marktuntersuchung. Die Entwicklung spielt den chinesischen Solarherstellern in die Karten.

Bis Ende 2011 werden die Hersteller von Solarprodukten weltweit eine Fertigungskapazität von 50 Gigawatt (GW) erreichen. Das hat das britische Marktforschungsunternehmen IMS research in einer aktuellen Studie ermittelt. Es bietet Analysen und Beratungen für die Elektro-Industrie an und hat eine eigene Abteilung für den Solarmarkt aufgebaut. Diese prognostizierte Jahreskapazität entspricht der bislang weltweit insgesamt installierten Solarstromleistung. Zwar wird der Weltmarkt nach einhelliger Einschätzung von Experten insgesamt auch in diesem Jahr anwachsen, doch die Nachfrage für Solarmodule wird bei weitem nicht dieses Überangebot abdecken. IMS research rechnet mit einem globalen Nachfrageanstieg um 19 Prozent auf 23 GW. Laut dem Unternehmen aus dem britischen Wellingborough erhöht sich dagegen die Produktionskapazität der Modulhersteller um 54 Prozent.


IMS research geht davon aus, das die Branche nun auf die Bremse treten wird. Denn auch 2912 werde die aufgebaute Produktionskapazität bei weitem nicht ausgelastet. Die Nachfrage werde im kommenden Jahr wohl nur noch um zehn Prozent sinken. Sam Wilkinson, Chef-Analyst bei IMS research und Autor der aktuellen Studie, sagt für das kommende Jahr weitere Werksschließungen voraus, wie sie zuletzt unter anderem von Conergy oder der norwegischen REC angekündigt wurden. Viele Hersteller mit integrierter Produktion würden sich jetzt von den Produktsparten Solarwafer und -zellen trennen, da diese sich nicht mehr rechnen. Ihm zufolge können sie sich auf dem Spotmarkt weitaus günstiger damit eindecken. Das sei auch der Hintergrund für die sich häufenden Auflösungen von langfristigen Lieferverträgen für Solarwafer, aus denen ja Solarzellen hergestellt werden. Für die Produktion von Solarmodulen sagt Wilkinson bis Mitte 2012 nur noch eine Steigerung von sechs Prozent voraus.


Michael Ahearn, Chairman und Übergangschef von First Solar, verweist darauf, dass sich die Marktbedingungen gravierend verändert haben. So hätten etwa die Ausbauziele der Europäischen Union für die Erneuerbaren Energien erwarten lassen, dass die Nachfrage dort für Solarprodukte weiter hoch sein wird. Stattdessen seien die Solarstromtarife in den europäischen Kernmärkten massiv gekürzt und damit die Nachfrage für Solarprodukte stark gedrosselt worden. Selbst ein Hersteller wie First Solar, der seine Dünnschicht-Solarmodule deutlich billiger anbieten kann als Hersteller herkömmlicher Siliziummodule, musste darauf mit Preisnachlässen reagieren und schrumpfende Margen hinnehmen. Der US-Konzern legte jetzt Pläne für eine neue Solarfabrik auf Eis.


First Solar fertigt nicht nur Solarmodule, sondern ist vor allem in den USA auch als Solarprojektierer aktiv. Firmenchef Ahearn warnt vor einem Ungleichgewicht in diesem stark wachsenden Solarmarkt. Denn dieses Wachstum werde vor allem vom Bundesstaat Kalifornien getragen, der neben hervorragenden natürlichen Bedingungen auch attraktive Fördermittel bereitstelle. Dagegen wachse die Nachfrage im chinesischen Solarmarkt auf breiter Front.


Die US-amerikanischen Marktforscher von Solarbuzz haben den chinesischen Solarmarkt nun näher unter die Lupe genommen. Dabei stellten sie fest, dass China schneller wächst als bislang angenommen. Laut Solarbuzz wird in diesem Jahr in China eine Solarstromleistung von 1,8 GW neu installiert. Damit erreiche das Marktwachstum dort fast aus dem Stand das gleiche Niveau wie die USA. Doch während dort die Zukunft der Solarförderung offen ist – die Steuernachlässe für neue Photovoltaikprojekte laufen in zwei Jahren aus und eine Verlängerung ist angesichts des harten Widerstands der Republikaner sowie der hohen Staatsverschuldung eher unwahrscheinlich – hat die chinesische Zentralregierung in Peking erst vor kurzem umfassende Fördersysteme eingeführt. Und sie setzt sich ehrgeizige Ziele. Vor wenigen Monaten wurde Ausbauziel für die chinesische Photovoltaik auf zehn GW in 2015 verdoppelt. Bis 2020 sollen 20 GW in der Volksrepublik installiert werden. Wie Solarbuzz ermittelt hat, existiert bereits eine konkrete Solarprojekt-Pipeline von 16 GW.


Damit stärkt Peking die einheimischen Solarhersteller, die schon jetzt mehr als die Hälfte der weltweit produzierten Solarmodule fertigen, aber angesichts der abgeschwächten Nachfrage in den westlichen Absatzmärkten immer schwerer loswerden. Sie werden fast allein von der einheimischen Nachfrage profitieren, denn für westliche Konkurrenten gibt es so hohe Zugangsbeschränkungen, dass sie kaum im chinesischen Solarmarkt Fuß fassen können. Somit bliebe das Überangebot in den westlichen Märkten bestehen, währen die chinesischen Hersteller ihre Lager allmählich leeren können.


Auch für Solarprojektierer aus dem Ausland bietet das Aufleben des chinesischen Marktes kaum Perspektiven. Nach Angaben von Solarbuzz teilen staatliche Unternehmen den Markt fast ohne privatwirtschaftliche Konkurrenten weitgehend unter sich auf. Etwa die Hälfte der in diesem Jahr installierten Solarprojekte würden von sechs Unternehmen umgesetzt, die mehrheitlich dem Staat gehören.

Quelle: Ecoreporter

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