Der amerikanische Präsident Obama hat sich gegen die Idee einer Atommülldeponie in Nevada ausgesprochen. Eine Lösung des Problems der Endlagerung radioaktiver Abfälle ist damit in weite Ferne gerückt.
Die Vereinigten Staaten betreiben 104 Atomkraftwerke, ohne über einen zentralen Standort zur Endlagerung hochradioaktiver Atomabfälle zu verfügen. In insgesamt 131 überirdischen provisorischen Lagerstätten haben sich bis heute rund 70 000 Tonnen verbrauchter Brennstäbe aus dem zivilen, aber auch militärischen Bereich angesammelt. Seit Präsident Barack Obama zu Beginn des Jahres den Ausbau der geplanten Atommülldeponie Yucca Mountain in Nevada gestoppt hat, scheint eine politisch machbare Lösung zur Endlagerung des Abfalls in weite Ferne gerückt zu sein, wie die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) heute schreibt. Nebst dem Treibhauseffekt habe die Entsorgungsproblematik damit den Druck auf die USA verstärkt, die Erforschung umweltfreundlicherer Energietechnologien, so auch der Kernfusion, mit hoher Dringlichkeit voranzutreiben.
Blick auf das Plateau des Yucca Mountain mit dem Bauplatz für einen Sondierstollen. (Bild: PD)
Bis vor wenigen Jahren hatte, immer gemäss NZZ, das Energieministerium geglaubt, die Lösung der atomaren Entsorgung 160 Kilometer nordwestlich von Las Vegas gefunden zu haben. 1978 erklärte die Behörde den Tuff-Berg Yucca Mountain im dünn besiedelten Amargosa Valley in Nevada zum sichersten Ort für eine Endlagerstätte auf amerikanischem Gebiet. Das Gestein sei im Wesentlichen wasserundurchlässig, hielt das Ministerium fest. Im geforderten Zeitraum von 10 000 Jahren könne deshalb mit Bestimmtheit kein Wasser in den in Stollen zu lagernden Abfall gelangen. Aufgrund dieser Einschätzung verabschiedete der Kongress 1987 einen Zusatz zur Nuclear Waste Policy Act, der Yucca Mountain zur ausschliesslichen Aufbewahrungsstätte für amerikanischen Atommüll erklärte.
In den Berg wurde ein elf Kilometer langer Tunnel gebohrt, es folgten Forschungsprojekte und Bauvorhaben mit Kosten von über 70 Milliarden Dollar. Trotz Opposition der Bewohner Nevadas sowie der Paiute-Indianer und der Schoschonen, denen das Land um Yucca Mountain gemäss einem Vertrag von 1863 immer noch gehört, trieb Präsident George W. Bush das Projekt des Endlagers voran. Im Jahr 2002 gelang es ihm, die Vorlage im Kongress durchzubringen und damit den Startschuss für die Eröffnung der Deponie in den darauffolgenden zehn oder fünfzehn Jahren in Aussicht zu stellen. Daran vermochten auch die Stimmen jener Forscher nichts zu ändern, die eine Wiederkehr vulkanischer Tätigkeit im Wüstengebiet von Yucca Mountain nicht komplett ausgeschlossen hatten.
Doch dann gewannen die Gegner die Oberhand: 2004 urteilte ein Bundesgericht, die den Risikostudien zugrunde gelegte Lagerdauer von 10 000 Jahren sei ungenügend; es brauche einen Sicherheitsnachweis für eine Million Jahre. Zwei Jahre später erlitten die Befürworter der Deponie den nächsten Rückschlag. Geologen, die sich mit der Sicherheit des Endlagers beschäftigt hatten, kamen zum Schluss, das Tuffgestein von Yucca Mountain sei nicht komplett wasserundurchlässig.
Sehr eilig scheint es der Präsident mit einer Lösung des Problems nicht zu haben. Laut dem Vorsitzenden der unabhängigen Aufsichtsbehörde Nuclear Waste Technical Review Board, John Garrick, hat sich bis heute weder die Kommission formiert, noch gibt es einen klaren Zeithorizont, wann mit einem Bericht zu rechnen sei. Politische Beobachter behaupten, das Thema der künftigen Örtlichkeit der Endlagerstätte sei politisch schlicht ein zu heisses Eisen, als dass es der Präsident vor den Kongresswahlen im Herbst 2010 anpacken werde. Tatsächlich ist im ganzen Land die als «nimby» («not in my backyard») bekannte Abwehrhaltung verbreitet.
Während in der NZZ des Weiteren über die Möglichkeiten von Fusionsreaktoren spekuliert wird, um eine neue, friedliche und vermeintlich schadstofffreie unendliche Energieform zu schaffen, zeigt die Endlagergeschichte aus den USA vor allem eines: Sie ist ungelöst und wird für die Atomindustrie zur folgenschweren Hypothek, die die Errichtung weiterer AKW’s verunmöglichen wird. Und für Fusionsreaktoren gilt heute, was schon vor 40 Jahren galt: Sie werden frühestens in 50 Jahren einen Beitrag zur Energieversorgung liefern. Ganz anders als die marktfähigen echten alternativen fünf wie Sonne, Wind, Biomasse, Geothermie und Gezeiten – siehe dazu auch das neue Buch von Al Gore «Our Choice».
© Solarmedia / Quelle: NZZ 23.11.09
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