Donnerstag, 11. März 2010

Die Roboter kommen

Die Photovoltaik-Industrie erlebt ihren grossen Umbruch. Der Schritt zur Automatisierung entscheidet über die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie. Zuvorderst dabei: ABB-Roboter.

Um Kosten zu senken, setzt die Photovoltaikindustrie auf Automatisierung. Die Branche verspricht sich eine gleichbleibend hohe Produktqualität - und einen Zuwachs an Produktivität. Industrieroboter be- und entladen Anlagen zur Fertigung von Solarzellen, sortieren die fertigen Bauteile per Pick-and-Place. Sie transportieren Glasscheiben, schneiden Folien, montieren Rahmen um Solarmodule herum oder installieren neuerdings sogar Anschluss-dosen. Ob bei Q-Cells, Conergy oder Bosch Solar Energy - Produktionslinien in der Solarindustrie sind meist hoch automatisiert.

Ansaugen und wegbringen: Roboter, die Solartechnik schnell schonend befördern können, werden in der Photovoltaik immer wichtiger. (Quelle: Grenzebach)



Das hat seinen Grund: „Hier in Europa müssen wir Kapazitäten erhöhen, um wettbewerbsfähig zu bleiben", sagt Carsten Busch, Segmentleiter Solar bei ABB Automation in Friedberg. Der Preisdruck sei enorm. Wenn man die Modulproduktion in Deutschland halten wolle, dann müssten Roboter künftig noch viel mehr Aufgaben übernehmen. „Die Automobilindustrie hat bewiesen, dass man hierzulande erfolgreich produzieren kann." Auch die Solarbranche interessiert sich zunehmend für Fertigungskonzepte, die Mercedes, Porsche oder BMW stark gemacht haben. Viele Hersteller von Automatisierungstechnik wiederum bringen solches Know-how mit.

ABB bietet Roboter für nahezu alle Segmente der Zell- und Modulproduktion an - vom FlexPicker für das Umsetzen von Siliziumzellen über Anlagen zum Handhaben und Transportieren von Glasscheiben bis zum Verpacken und Palettieren der fertigen Solarmodule. „Im Solarbereich geht es nicht in erster Linie darum, Personalkosten einzusparen", unterstreicht Busch. Aber wenn große Mengen an Produkten mit gleichbleibend hoher Qualität gefertigt werden sollen, sind Roboter dem Menschen überlegen. Ein Beispiel sei die Querverschaltung von Strängen aus bereits miteinander verbundenen Solarzellen, sogenannter Strings. „Wenn nur ein einziges Mal die Querverlötung nicht hundertprozentig exakt erfolgt, dann wirkt sich dies auf die Effizienz des gesamten Moduls aus", erläutert der Manager. Eine einzige „kalte" Lötstelle kann sogar dazu führen, dass das ganze Solarmodul unbrauchbar wird. Immer mehr Hersteller verlöten Zellen und Strings daher vollautomatisch.

Bei der Herstellung von Wafern, dünnen Siliziumscheiben, die aus Blöcken geschnitten werden, hat sich der Roboter mittlerweile weltweit durchgesetzt.
„Wenn Mitarbeiter einen solchen Silizium-Quader fallen lassen, dann bedeutet das für das Unternehmen einen Schaden von gut 2.000 US-Dollar", sagt Busch. Denn das Material ist spröde, bricht leicht in viele Teile. Der Mensch bleibt ein Unsicherheitsfaktor. Daher werden Ingots mittlerweile selbst in Asien mit Robotern transportiert und zur Vorbereitung auf das Wafersägen auf einen Glasträger geklebt.

Der Markt wird weiter in Bewegung bleiben, meint ABB-Segmentleiter Busch: „Bis Mitte 2008 ist die Solarbranche extrem gewachsen." Die Unternehmen setzten alles daran, zügig Kapazitäten aufzubauen und ihre Produktion ins Laufen zu bringen. Dafür nahmen sie Einschränkungen in Kauf. „In der Zellfertigung wurde bereits ein gewisser Automatisierungsgrad erreicht", sagt Busch. „Für die Modulherstellung hingegen gilt das nicht überall".

Bei der Produktion von Dünnschicht-Solarmodulen sei die Automatisierung im sogenannten Frontend, also bei der Erzeugung und Strukturierung der einzelnen Schichten, ebenfalls „fortgeschritten". Bei der Weiterverarbeitung der beschichteten Glasplatten hingegen, beginnend mit dem Laminieren, sieht Busch noch erhebliche Reserven. „Bei der Zellfertigung war von Anfang an das Kostenbewusstsein ziemlich ausgeprägt", so der Manager. „Und in diesem Bereich erschienen die Automatisierungskosten im Vergleich zu den Kosten für das eigentliche Equipment eher gering." Auf eine wirtschaftliche Modulherstellung hingegen hätte die Branche zunächst deutlich weniger geachtet - solange die Solarmodule den Unternehmen aus den Händen gerissen wurden, fehlte dort der Rationalisierungsdruck, zumal viele Arbeitsschritte manuell erledigt werden können.

„Früher war ein Hersteller mit einer Kapazität von zehn bis 15 Megawatt groß", meint Busch. Der Einsatz von Robotern aber erscheint bei einer solchen Größenordnung wenig lohnend. Das hat sich geändert: „Heute haben Fabriken typischerweise Kapazitäten von bis zu 200 Megawatt, in Zukunft werden sie wohl im Gigawattbereich liegen", so Busch. „Die technologische Entwicklung geht schnell voran, auch die Anlagen verändern sich", betont der Manager. In der Zellproduktion beispielsweise werde der Durchsatz höher und die Anlagen breiter. Neue Roboter, die diesen größeren Arbeitsraum bedienen, würden daher immer gefragter.

Fördertechnik für die Solarindustrie ist ein erklärter Schwerpunkt von Bosch Rexroth", sagt Wirths: „Das Grundkonzept lautet: von A nach B bringen." Doch im Detail stecken viele Herausforderungen. „Wir arbeiten mit Standardkomponenten. Dennoch müssen wir für die Solarbranche gewisse Spezialanforderungen erfüllen", sagt Wirths. „Im Dünnschicht-Bereich beispielsweise geht es insbesondere darum, Gläser bei relativ hohen Temperaturen zu handhaben."

Die aktuelle Krise der Solarbranche nutzen Lieferanten zur technologischen Weiterentwicklung: „Wir nutzen die Wachstumspause als willkommene Gelegenheit, unsere Produkte zur Reife zu bringen", sagt Michael Karcher vom Automatisierungsspezialisten Festo. Das Unternehmen beliefert Equipmenthersteller mit Lösungen von einzelnen Komponenten bis zu kompletten Subsystemen, um Wafer oder auch Glassubstrate zu bewegen. Die Ausrüster hätten bislang einen Auftragsberg abgearbeitet, meint Karcher. Oberste Priorität hatte dabei die Vorgabe, die Taktzeit weiter zu verkürzen. „Das hat sich jetzt zum Glück etwas beruhigt. Wir haben einen Käufermarkt mit Überkapazitäten. Und die Unternehmen konzentrieren sich nun auf die Anlagenoptimierung. Sie wollen Prozessschritte, die sehr teuer sind, möglichst herausnehmen", erläutert Karcher. Das erfordert neue Konzepte.

Anfangs habe die Solarbranche „oftmals Lösungen aus der Halbleiterindustrie übernommen, weil die Prozesse dort ähnlich sind", sagt Karcher. Solarzellen seien aber „als Produkt trivialer". Mittlerweile hätten die PV-Firmen deutlich stärker ihre Kosten im Blick. Und die Roboter helfen sparen - auch wenn die Unternehmen dafür erst einmal investieren müssen.

Quelle: Messe Düsseldorf / EE-News

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