Während sich die Erfolgsmeldungen aus dem Bereich der Erneuerbaren jagen, belegt eine deutsche Studie: Entgegen allen Ankündigungen verliert die Atomenergie ständig Marktanteile.
AKW Gösgen ob Aarau, eines von derzeit fünf Schweizer AKW's - drohender Zeuge einer Technologie, die angesichts des Fortschritts bei den Erneuerbaren bald der Vergangenheit angehören dürfte (Bild Guntram Rehsche).
Der Anteil der Atomenergie am Energieverbrauch ist weltweit nahezu unbedeutend und nimmt seit mehreren Jahren weiter ab. Die vielfach proklamierten Atom-Ausbauprogramme scheitern an den wirtschaftlichen und technischen Realitäten. Das belegt der vergangene Woche vom Bundesumweltministerium veröffentlichte „Welt-Statusbericht Atomindustrie 2009“. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel: "Die von den Propagandisten der Atomenergie immer wieder behauptete Renaissance der Atomenergie findet nicht statt, es gibt allenfalls eine Renaissance der Ankündigungen. Die Untersuchung zeigt: weltweit gehen mehr alte Atomkraftwerke vom Netz als neue in Betrieb genommen werden. Verfügbare Ressourcen, Ingenieurleistungen und Kapital reichen nicht einmal aus, den Abwärtstrend aufzuhalten, geschweige denn, die Zahl der Reaktoren zu vergrößern. Alles spricht dafür, aus dieser Technologie auszusteigen und gleichzeitig die erneuerbaren Energien und die Energieeffizienz auszubauen, denn das hat Zukunft."
Bei Redaktionsschluss am 1. August 2009 gab es weltweit 435 betriebene Reaktoren, das sind neun weniger als 2002. Atomkraft macht lediglich ungefähr 5,5 Prozent der weltweit verbrauchten kommerziellen Primärenergie und nur etwa 2 Prozent der weltweit genutzten Endenergie aus - der Trend weist seit mehreren Jahren kontinuierlich nach unten.
Die Internationale Atomenergie-Organisation listet 52 Reaktoren als "in Bau" befindlich auf. Dreizehn dieser Baustellen werden dort bereits seit über 20 Jahren geführt. Mindestens die Hälfte (26) aller Projekte verzeichnet zumeist erhebliche Verzögerungen. Zum Vergleich: auf der Höhe der Expansionsphase der Atomindustrie im Jahr 1979 waren 233 Reaktoren gleichzeitig im Bau. Auf dem Territorium der 27 heutigen EU-Mitgliedsstaaten wurden im Jahre 1989 177 Atomreaktoren betrieben, im August 2009 waren es noch 144 Reaktoren.
Die Autoren der Studie stellen außerdem fest, dass die Anzahl der Atomkraftwerke in den nächsten Jahrzehnten weltweit abnehmen wird. Die Gesamtleistung der Atomkraftwerke wird zwischen 2015 und 2025 gegenüber der heutigen Leistung voraussichtlich sinken. In den meisten dieser Staaten fehlt außerdem ein Stromnetz, das die Produktion eines größeren Reaktors überhaupt aufnehmen und verteilen könnte. Darüber hinaus befürchten die Autoren in praktisch allen Staaten einen erheblichen Mangel an qualifiziertem Fachpersonal.
Neben dem Personal reichen auch die Industriekapazitäten nicht aus. Der sogenannte EPR (European Pressurized Water Reactor) zum Beispiel, der als Flagschiff des weltgrößten Reaktorherstellers AREVA NP derzeit in Olkiluoto in Finnland gebaut wird, liegt derzeit mindestens 55 Prozent über dem Kostenplan, wird mindestens acht Milliarden CHF kosten und frühestens drei Jahre später als geplant fertig gestellt (2012).
© Solarmedia / Quelle: Deutsches Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
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