Mittwoch, 18. Juli 2018

Speicherbatterien (noch) nicht wirtschaftlich

Die Wirtschaftlichkeit rückt näher, ist aber oft noch nicht gegeben. Immer mehr Photovoltaikanlagenkäufer legen sich  einen Solarstromspeicher zu - in Deutschland und seltener auch in der Schweiz. Und die Kosten sind wieder einmal im Sinken begriffen (wie früher bei der Photovoltaik) und wieder einmal mehr in Deutschland als in der Schweiz.

Für Gebäudeeigentümer ist Strom aus der Dachsolaranlage deutlich günstiger als der Strom aus der Steckdose. Batteriespeicher helfen, einen größeren Anteil des lukrativen Photovoltaikstroms selbst zu verbrauchen. Die Kosten der beliebten Solarstromspeicher sinken derzeit immer weiter, so dass sie bald wirtschaftlich sein werden. Bislang ist dies jedoch meist noch nicht der Fall. Darauf weist das Solar Cluster Baden-Württemberg hin. Im Jahr 2017 sind die Durchschnittskosten der Speichersysteme inklusive Installation von 1.550 Euro pro Kilowattstunde Speicherinhalt auf rund 1.300 Euro gesunken. Inzwischen gibt es bereits qualitativ hochwertige Systeme für 1.100 Euro pro Kilowattstunde. Die Wirtschaftlichkeitsgrenze liegt bei rund 800 Euro – falls die Lebensdauer der Speicher 20 Jahre beträgt. Sinkt die Lebensdauer, sinkt die Wirtschaftlichkeitsgrenze entsprechend. Verbraucher sollten daher bei den Speicherherstellern genau nachfragen, wenn es um die Wirtschaftlichkeit der Powerpakete geht und sich auch über die Garantie erkundigen, rät Franz Pöter vom Solar Cluster. 
Strom aus einer neuen Photovoltaikanlage auf dem Hausdach kostet die Eigentümer in Deutschland derzeit 9 bis 11 Cent pro erzeugte Kilowattstunde. Das ist nur noch rund ein Drittel dessen, was sie beim Energieversorger zahlen müssen. „Es rechnet sich daher, möglichst wenig Strom für 25 Cent netto pro Kilowattstunde aus dem Netz zu beziehen und möglichst viel Solarstrom zum Betrieb der elektrischen Geräte im Haus zu verwenden“, sagt Franz Pöter. Ohne Speicher lässt sich jedoch selten mehr als 30 Prozent selbst nutzen. Mit einer Batterie kommen die Eigentümer dagegen auf 50 bis 60 Prozent. 

Höhere Werte sind möglich, wenn der Strombedarf für eine Wärmepumpe oder ein Elektroauto ebenfalls mit Solarstrom gedeckt wird. Die tatsächlichen Zahlenwerte hängen jedoch stark vom Verhältnis der Jahreserzeugung an Solarstrom und dem Jahresstrombedarf im Haushalt ab, sowie vom Profil des Strombedarfs über Tag und vom Energieinhalt des verwendeten Speichers. Interessierte Hauseigentümer sollten sich daher an geeignete Handwerker aus der Region wenden, etwa Solarteure, Fachkräfte für Solartechnik oder geschulte Fachleute aus Elektrofachbetrieben, rät Pöter. 

In der Vergangenheit waren die Kosten für die Batteriespeicher deutlich zu hoch, um sie auch nur annähernd kostendeckend betreiben zu können. Von Ende 2013 bis Ende 2017 ist es jedoch gelungen, die Kosten zu halbieren. Die RWTH Aachen hat diese Zahlen im Rahmen des Speichermonitorings am 16. Juli 2018 veröffentlicht. Allein 2017 sanken die Kosten um rund 15 Prozent. Im Durchschnitt der im Bericht angegebenen Preise hat der Preisrutsch trotz Bundes- oder Landesförderung aber noch nicht dazu geführt, dass sich die Solarspeicher für Hauseigentümer finanziell rechnen. Dafür müssen die Kosten noch etwas weiter sinken. 

Die Solarbatterie im Keller übt trotz der noch fehlenden Wirtschaftlichkeit eine große Faszination auf die deutschen Solaranlageneigentümer aus. Ende 2017 waren bereits 85.000 Speicher installiert – doppelt so viel wie noch Anfang 2016, so die RWTH. Rund ein Drittel davon wurde von der Förderbank KfW finanziell bezuschusst. Im Jahr 2017 kamen insgesamt fast 32.000 Speicher neu hinzu. „Etwa jede zweite neue Photovoltaikanlage wird inzwischen zusammen mit einem Speicher installiert“, sagt Jan Figgener von der RWTH. „Für den Gesamtmarkt erwarten wir auch 2018 ein Wachstum. Die Anteile an KfW-geförderten Speichersystemen sind dabei jedoch rückläufig. Dies spricht für ein erfolgreiches Marktanreizprogramm, mit dessen Ende der Markt nun auf eigenen Beinen steht.“ 

Dass es danach weiter aufwärts geht, scheint eine ausgemachte Sache zu sein: Erstens sollen die Speicherkosten weiter sinken. Zweitens werden nach 2021 die ersten Solaranlagen aus der EEG-Vergütung fallen. Da ihre hohe Einspeisevergütung von 2001 ab diesem Zeitpunkt wegfällt und die dann abgeschriebenen Anlagen nur noch Betriebs-, Wartungs- und Reparaturkosten von 2 bis 4 Cent pro Kilowattstunde aufweisen, bieten sich künftig, je nach Preisentwicklung der Speicher, Eigenverbrauch und Speicherung an. Beschleunigt wird der Speicherzubau durch folgenden Umstand: Insgesamt gibt es in Deutschland rund 1,6 Millionen Photovoltaikanlagen. Sie alle werden früher oder später aus der EEG-Vergütung fallen, was die Eigentümer dazu bewegen wird, über die Installation von Batterien zur Erhöhung des Eigenverbrauchs nachzudenken.

Für die Amortisation eines Speichers ist entscheidend, wie oft Hauseigentümer über die Lebensdauer seine Speicherkapazität nutzen können und damit zusätzlichen Solarstrom statt Strom aus dem Netz verbrauchen. „Für gut ausgelegte Systeme im Haus kann der Speicher 200 bis 250 Mal im Jahr vollständig geladen und entladen werden“, sagt Franz Pöter vom Solar Cluster. „Multipliziert man diesen Wert mit der Lebensdauer in Jahren und dem Energieinhalt in Kilowattstunden, so ergibt sich der zusätzlich selbst genutzte Solarstrom.“ Ersetzt dieser Solarstrom, der ohne Speicher ins Netz eingespeist und derzeit mit 12 Cent pro Kilowattstunde vergütet worden wäre, den Bezug von Netzstrom zu 25 Cent pro Kilowattstunde (netto), so ergibt sich ein „Verdienst“ durch den Speicher von 13 Cent je Kilowattstunde (netto). 

Bei einer Lebensdauer von 10 Jahren und 250 Zyklen im Jahr würden pro Kilowattstunde Energieinhalt 2.500 Mal 13 Cent pro Kilowattstunde und damit 325 Euro Stromkosten gespart. Zieht man die Verluste im Speicher ab, so reduziert sich der Wert nochmal um 10 bis 25 Prozent. Rechnet man eine moderate Strompreissteigerung von 2 Prozent pro Jahr mit ein, kommt man auf rund 400 Euro. Hält der Speicher 20 Jahre, erhöht sich die Wirtschaftlichkeitsgrenze auf rund 800 Euro pro Kilowattstunde Energieinhalt. 

Abhängig von der erwarteten beziehungsweise vom Hersteller garantierten Lebensdauer sind Speicher mit Kosten unterhalb der genannten Grenzen folglich wirtschaftlich. Ein Rundum-Sorglos-Paket bieten immer mehr Stadtwerke und Speicherhersteller an: Photovoltaik-Speichersysteme im Zusammenhang mit Stromlieferverträgen. In dem Fall wird das Stadtwerk oder der Stromversorger zukünftig den Speicher für weitere Netzdienstleistungen wie der Erbringung von Primärregelleistung nutzen und damit die Zahl der Zyklen pro Jahr für den Speicher erhöhen. Als Resultat rentieren sich Speicher auch bei höheren Kosten. Die zusätzlichen Zyklen wirken sich auf die Alterung des Speichers nur wenig aus, denn dominierend ist für stationäre Batteriespeicher die kalendarische Alterung - also die Alterung aufgrund der Standzeit und nicht die Alterung aufgrund der wiederholten Be- und Entladung. Wichtig für Käufer: Sie sollten die Bedingungen prüfen, etwa die Länge des Stromliefervertrages. 

Für Industriebetriebe können Speicher weitere Dienstleistungen übernehmen. Etwa die Absicherung gegen Stromausfall oder die Reduktion der Leistungsspitzen beim Bezug elektrischer Energie. Das reduziert den Leistungspreis. Damit können die Betriebe neben dem Deckungsbeitrag aus Eigenverbrauchserhöhung auch Deckungsbeiträge aus den anderen Dienstleistungen erwirtschaften. 

Im privaten Bereich gibt es bislang lediglich den Gewinn aus der Eigenverbrauchserhöhung. Dieser Gewinn steigt mit dem Unterschied zwischen Einspeisevergütung und Strompreis. Wenn eine Photovoltaikanlagen aus der EEG-Förderung fällt, erwirtschaftet jede zusätzliche Kilowattstunde selbst verbrauchter Solarstrom nicht 13 Cent pro Kilowattstunde durch das Vorhandensein des Speichers, sondern rund 20 Cent. Zusammen mit der zu erwartenden Preisreduktion werden Speicher dann in einem ganz neuen Licht stehen. 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen