Montag, 3. Februar 2020

Jetzt ist es amtlich: Energiestrategie ist bis 2050 umsetzbar !

Seit 2013 haben Forschende von verschiedenen Hochschulen im Rahmen zweier Nationaler Forschungsprogramme wissenschaftliche Grundlagen im Hinblick auf die Umsetzung der Energiestrategie 2050 erarbeitet. Nun sind das NFP 70 «Energiewende» und das NFP 71 «Steuerung des Energieverbrauchs» abgeschlossen. Aus über 100 Projekten liegen die Resultate vor. Rolf Schmitz, Leiter Energieforschung beim Bundesamt für Energie erklärt, welche Erkenntnisse daraus zentral sind.
  • Rolf Schmitz, welches sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Erkenntnisse aus den beiden Nationalen Forschungsprogrammen 70 und 71?
    Jedes der abgeschlossenen Projekte trägt seinen Teil zur Zielerreichung der Energiestrategie bei. Zentral ist für mich aber die Erkenntnis, dass die Energiestrategie bis 2050 umsetzbar ist, und das sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht, als auch sozialverträglich. Nun stehen wir vor der Herausforderung, das generierte Wissen weiterzutragen und umzusetzen. Letztlich sollen ja Kilowattstunden eingespart oder zusätzlich erneuerbar produziert werden. Aus meiner Sicht ist es darum ermutigend, dass bei einer Umfrage im Rahmen des NFP 71, an welcher sich 61 der 120 Praxispartner beteiligt haben, 30 den Wissensgewinn als wichtigen Output der Zusammenarbeit mit den Hochschulen sehen. Aber auch die Entwicklung von Produkten, Modellen und Verfahren wurde 15 Mal als spezifischer Nutzen aufgeführt. Für rund einen Viertel ist zudem der Kontakt zu den Wissenschaftlern ausschlaggebend. Das ist ja dann der Nährboden für weitere Zusammenarbeiten.
  • Andreas Balthasar, Verantwortlicher des NFP71, erklärte gegenüber den Medien, die Energiewende sei primär eine gesellschaftliche Herausforderung. Es gehe darum, die Akzeptanz zu erhöhen, wofür Wissensdefizite abgebaut werden müssten. Was muss nun geschehen, damit die vielen Erkenntnisse aus den NFPs die gewünschten Adressaten erreichen?
    Technisch ist heute bereits vieles machbar, die dazu nötigen Technologien sind vorhanden. Die Umsetzung stösst aber verschiedentlich an die unterschiedlichsten Grenzen. So glauben immer noch rund 20 Prozent der Bevölkerung, dass der Klimawandel nicht stattfindet. Es braucht daher weiterhin eine neutrale Wissensvermittlung, die zielgruppengerecht aufbereitet werden muss. Eine der Empfehlungen der NFP adressiert genau diese Problematik. Eine andere Empfehlung zeigt in die gleiche Richtung: Die Bevölkerung soll bei Infrastrukturprojekten früh aktiv einbezogen werden. So lässt sich beispielsweise die Akzeptanz für den Ausbau der erneuerbaren Energie deutlich erhöhen.
    Andere Hemmnisse betreffen die Gesetzgebung. Mit einer gezielten und effektiven Regulierung kann die Energieeffizienz gefördert und der Ausbau erneuerbarer Energie stark vorangetrieben werden. Aber auch schnellere Bewilligungsverfahren oder geeignete Finanzierungsmodelle können diese Entwicklung beschleunigen. Viele Projekte scheitern aber letztlich an unserem Verhalten. Interessant diesbezüglich ist das Projekt «Energiesparpotenziale in Haushalten von älteren Menschen», das in Zusammenarbeit mit dem Hauseigentümerverband durchgeführt wurde. Bei Seniorinnen und Senioren haben sich die bisherigen finanziellen Anreize für die Umsetzung von energetischen Sanierungen als unzureichend erwiesen. Die Studie empfiehlt unter anderem, neben neuen, innovativen Anpassungen der Rahmenbedingungen für die Finanzierung von Sanierungsmassnahmen auch wertorientierte Ansätze anzusprechen. So kann beispielsweise der Umzug in eine moderne, altersgerechte Wohnung dem Wunsch entgegenkommen, so lange wie möglich selbstständig zu wohnen. Dieser Schritt kann zudem eine «Befreiung» von einem Zuviel an Dingen bedeuten.
  • Welche Rolle kann das Bundesamt für Energie (BFE) beim Wissenstransfer spielen?
    Gerade bei der neutralen Wissensvermittlung kommt dem BFE eine wichtige Rolle zu und es nimmt diese unter anderem im Rahmen des Programms EnergieSchweiz auch wahr. Ich bin zuversichtlich, dass die gewonnenen Erkenntnisse rasch in das grosse Informations-, Beratungs- und Bildungsangebot von EnergieSchweiz einfliessen werden. Im Übrigen hat das BFE den Ball schon frühzeitig aufgenommen: am 30. Januar hat an der Universität Basel bereits die vierte Jahresveranstaltung stattgefunden, die wir zusammen mit unserem eigenen Forschungsprogramm zur Sozio-Ökonomie, dem Energieforschungsprogramm der Stadt Zürich und dem NFP 71 durchführen.
  • Die NFPs 70 und 71 sind abgeschlossen. Braucht es eine Fortsetzung?
    Die beiden NFP sind nun abgeschlossen und auch die Swiss Competence Centers in Energy Research (SCCER) laufen Ende Jahr aus. Damit fallen zwei wichtige Förderinstrumente des Bundes weg. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) und das BFE haben daher bereits 2018 der Eidgenössischen Energieforschungskommission CORE den Auftrag erteilt, die Gültigkeit des Aktionsplans für eine koordinierte Energieforschung Schweiz, der den SCCER zugrunde liegt, zu prüfen. Die CORE kommt zum Schluss, dass auch nach 2020 wesentliche Forschungsanstrengungen nötig sein werden, um die Zielsetzungen der Energiestrategie 2050 zu erreichen. Sie empfiehlt, ein flexibles Förderinstrument mit langfristiger Forschungsförderung zu etablieren, das periodisch inter- und transdisziplinäre thematische Ausschreibungen durchführt. Dieses Förderinstrument soll langfristige Forschungsförderung über flexible Konsortialprojekte ermöglichen.
Das BFE hat mit SWEET, – Swiss Energy research for the Energy Transition – ein solches Förderinstrument entwickelt und plant, dieses auf Anfang 2021 umzusetzen. Damit können die über die SCCER aufgebauten Kapazitäten für die Energiestrategie genutzt und die aus den NFP gewonnen Erkenntnisse weiterverwendet werden.

Interview: Sabine Hirsbrunner, Kommunikation BFE

Quelle: energeiaplus.com

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