Mittwoch, 9. Dezember 2009

Zusammenschluss überrascht

Es war absehbar, dass es in der vergleichsweise kleinen Schweizer Branche zu Zusammenschlüssen kommt. Die Realität sieht allerdings anders aus als erwartet.

Der Spezialsägen-Hersteller Meyer Burger und 3S Industries wollen fusionieren. Sofern die Aktionäre am 14. Januar zustimmen, entsteht ein Unternehmen mit einem Umsatz von 557 Mio. Fr. und einem Personalbestand von 900 Mitarbeitenden. Cash macht daraus die Sensationsschlagzeile: “ Das neue Unternehmen wäre weltweit einzigartig.“ Was so aber nicht stimmt, denn viele Solarhersteller sind weit gehend integriert, wie etwa die deutsche Solarworld, die es immer noch auf einen dreimal so hohen Umsatz bringt, oder diverse chinesische Hersteller. Auch die in einer anderen Technologie tätige First Solar, die Grossanlagen selbst betreibt (was beim Schweizer Zusammenschluss zumindest vorderhand nicht vorgesehen scheint) kann als weit integriert gelten.

NZZ-Online vermerkt heute, die neue Firma solle die wesentlichen Technologieschritte in der Wertschöpfungskette der Photovoltaik vom Solarsilizium bis zur fertigen Solaranlage abdecken. Das gemeinsame Unternehmen werde aus einer Hand vollständig integrierte Produktionslösungen für die Solarindustrie anbieten können, bestehend aus Maschinen und Automatisierungsanlagen, kritischen Verbrauchsgütern, Prozess-Know-how und lokalem Service. Es wird zudem erwartet, dass die Kosten über die gesamte Herstellungskette markant gesenkt werden können. Das Ziel sei, das führende Unternehmen in der dynamischen Solarzulieferindustrie zu schaffen, das am erwarteten weiteren Wachstumsschub des Solarmarkts teilhaben kann.

Rolf Wägli war bislang Verwaltungsrat bei 3S und verdiente mit seiner Beteiligungs-gesellschaft New Value kräftig an der fulminanten Wertsteigerung. Auch nach dem Zusammenschluss wird er als graue Eminenz im Hintergrund die Entwicklung der Solarindustrie wesentlich mitbeeinflussen. (Bild New Value).



Laut Handelszeitung wird die neue Gruppenleitung aus dem Meyer-Burger-CEO Peter Pauli bestehen sowie aus Patrick Hofer-Noser als Chief Technology Officer und Deputy CEO, Michael Hirschi als Finanzchef und Sylvère Leu als Chief Operating Officer. Im Verwaltungsrat kommt es ebenfalls zu Veränderungen. Bei einer Annahmen der vorgeschlagenen Transaktion soll sich der Verwaltungsrat von Meyer Burger aus sechs nicht exekutiven Mitgliedern zusammensetzen, wobei je drei Mitglieder von Meyer Burger und von 3S dafür vorgesehen wären. Von Meyer Burger wären dies Peter Wagner, Alexander Vogel und Heinz Roth, von 3S Rudolf Samuel Güdel, Konrad Wegener und Rolf Wägli. Peter Pauli und Eicke Weber würden von ihren Mandaten als VR zurücktreten.

Es ist geplant, dass die 3S Aktionäre für 11,2 Namenaktien der 3S Industries eine Namenaktie der Meyer Burger Technolgy erhalten, wie die beiden Unternehmen mitteilten. Der Abschluss der Transaktion wird bereits Ende Januar erwartet. Von den Kartellbehörden erwarten die Unternehmen keine Einwände. Die angekündigte Fusion mit dem Spezialsägen-Hersteller Meyer Burger hat den Aktien von 3S Industries zu einem regelrechten Kurssprung verholfen. Sie legten am Mittwoch an der Berner Börse innerhalb der ersten Handelsstunde um über 20% auf 23.50 Fr. zu. Auch die Aktien des Spezialsägen-Herstellers Meyer Burger profitierten. Sie standen an der Schweizer Börse um 09 Uhr 30 um über sechs Prozent bei 266 Fr. im Plus.

Weitere Schritte der Zusammenarbeit sind in der Schweizer Solarbranche bereits beschlossen oder absehbar. So hatte Meyer Burger selbst anfangs Dezember die Vertriebskooperation für das neue Solarsystem Solaris von Oerlikon bekannt gegeben (siehe auch Solarmedia vom 3. Dezember 2009). Die redimensionierte Oerlikon (mit bedeutendem Solargeschäft) soll derweil von Sulzer übernommen werden. Dazu gehören das Beschichtungsgeschäft von Balzers, das selbst laut Berg gut zu Sulzer passen würde, zudem der Bereich Vakuumpumpen und die kränkelnde Solarsparte. Sulzer wäre nach dem Zukauf von rund 1,5 Milliarden Franken Umsatz einiges grösser, von Oerlikon bliebe am Ende womöglich nicht einmal der Name übrig. Wie der Umbau im Detail ablaufe, sei nicht in Stein gemeisselt, heisst es. Die grösste Unsicherheit berge der Verkauf des ehemaligen Saurer-Textilgeschäfts. Der Verkauf der geschrumpften Oerlikon soll genügend Mittel einbringen, um die ausgegliederten Sparten Textil und Getriebe so lange zu halten und aufzubauen, bis sie angemessene Erlöse bringen. So auf jeden Fall die Einschätzung des Tages-Anzeigers vorm Vortag.

© Solarmedia / Quellen: Meyer Burger
/ SDA / TA / Handelszeitung / NZZ

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