Bislang war von den Pleiten in Deutschland und den USA die
Rede. Nun macht aber die absehbare Insolvenz zweier Schweizer Solarunternehmen deutlich,
dass die hiesige Solarbranche durch die allgemeine Branchenkrise sogar überhart getroffen
wird. Soeben haben die viel versprechenden Dünnschicht-Modulhersteller Pramac
und offenbar auch Flexcell die Segel gestrichen. Dieser Artikel ist ein Replay von 2012 - wegen technischen Defekts erneut aufgenommen.
Die Schweizer Solarindustrie
ist vergleichsweise klein. Kein Wunder also, dass deren wirtschaftliche
Schwierigkeiten bislang für wenig Schlagzeilen sorgten. Doch sind sie unterdessen
unübersehbar. Bekannt wurden bereits die Entlassungspläne bei Meyer Burger (Abbau
von rund 450 Stellen oder einem Viertel der Belegschaft) sowie der Verkauf der
Solarsparte von Oerlikon nach Japan. Im März war von Roll’s Plan (nur Insidern)
bekannt geworden, auf den Aufbau einer Modulproduktion im ostschweizerischen Tägerwilen
zu verzichten. Der einstige Stahlkonzern wollte dort die «leichteste, billigste
und effizienteste Solarzelle der Welt» bauen, 100 Stellen schaffen und den
Anstoss zu einem Schweizer Silicon Valley schaffen.
Unterdessen ist das eher ein Tal der Tränen, zumal zwei
weitere Grossprojekte für eine Schweizer Modulproduktion - Genesis in
Raron
(VS) und Solar Industries in Langenthal (BE), im Bild dessen Spiritus
Rector, der gescheiterte Verwaltungsratspräsident Rolf Wägli der
Beteiligungsgesellschaft New Value (Solarmedia 1. Februar 2012) – zu den Akten gelegt wurden.
Jetzt machen offenbar zwei weitere
Hoffnungsträger dicht. So berichtete das Tessiner Radion RSI vor Wochenfrist
von derr bevorstehenden Entlassungswelle bei der Schweizer Tochter der
italienischen Firma Pramac (mit Sitz in Casole d'Elsa): Einer
der wenigen bereits operationell tätigen Solarmodul-Hersteller der Schweiz mit
einer Jahreskapazität von 35 Megawatt, die Pramac in Riazzino, hat formell
allen noch 103 Angestellten gekündigt hat.
Der PRAMAC-Konzern
arbeitet im Bereich der Energieerzeugung: Entwickelt, produziert und vertreibt
weltweit Stromerzeuger, Dünnschicht-Photovoltaikmodule, Mikro-Windkraft-Anlagen
und Flurförderzeuge.
Offenbar hat auch das
Mutterunternehmen mit finanziellen Problemen zu kämpfen – so stellte es die
Unterstützung der Motorsportmarke Ducati ein und meldete einen Jahresabschluss
2011 mit einem Verlust von 94,8 Millionen Euro. Ein Antrag auf
Rekapitalisierung war gemäss dem Motorsport-Magazin an der Hauptversammlung abgelehnt
worden. Das globale Netzwerk ermöglicht PRAMAC den weltweiten Vertrieb dieser
Produkte. Pramac hatte eng mit der Solarsparte von Oerlikon zusammen gearbeitet
und auf deren Produktionslinie Module hergestellt. Für diese stellte Pramac
einen um bis zu 18 Prozent höheren Energieertrag als bei herkömmlichen
kristallinen Typen in Aussicht. Mit dem Ende der Pramac dürfte ein weiterer Sargnagel
in das Projekt der amorphen Silicium-Modul-Produktion getrieben worden sein –
auf welche Oerlikon Solar als einer der wenigen Maschinenhersteller weltweit
setzte. Was mit letzterer schliesslich geschieht, dazu hüllt sich der neue
japanische Mutterkonzern in Schweigen.
Derweil meldet das US-Portal Greentechmedia, dass ein weiteres hoffnungsvolles Schweizer Dünnschichtprojekt wohl bald baden geht. Die VHF-Technologies SA, besser bekannt unter dem Markennamen
FLEXCELL, ist demnach von Insolvenz zumindest bedroht. Sie war in den vergangenen Jahren
durch den Einstieg der unterdessen ebenfalls zahlungsunfähigen Q-Cells sowie
von Mitsubishi mit Finanzspritzen am Leben erhalten worden. Eine telefonische Anfrage
von Solarmedia blieb «aus internen Gründen» unbeantwortet . Flexcell suchte ihr
Glück in einer Rollenproduktion einer flexiblen Solarzelle (25 Megawatt
Jahreskapazität), vor allem für den mobilen Einsatz sowie den Belag wenig
belastbarer Dachkonstruktionen. Das Scheitern könnte dabei der geringen
Energieausbeute und Langlebigkeit der Zellen angelastet werden. Gemäss der WestschweizerZeitung La Côte besteht noch Hoffnung für
Flexcell aufgrund eines angekündigten
Unterstützungskredits der Basler Investmentgesellschaft Capricorn Capital. So oder so stehen bei Flexcell nur noch
knapp die Hälfte der einst über 100 MitarbeiterInnen auf der Lohnliste.
So verbleibt Meyer Burger als
einziges grosses Schweizer Solarunternehmen im Bereich der Photovoltaik, sowie
Komax und Huber & Suhner als Zulieferer. Bei der Solarwärme sind es
demgegenüber noch einige mittelständische Unternehmen wie die Ernst Schweizer
Metallbau oder Soltop, die dank Distanzschutz vorderhand zumindest die erste
Geige im Schweizer Markt zu spielen in der Lage sind. Von den internationalen
Märkten aber verabschiedet sich die hiesige Solarbranche – mit Ausnahme von
Meyer Burger – wohl definitv. Oder wie es Matthias Fawer, Solaranalyst der Bank
Sarasin, gegenüber der Handelszeitung formulierte: «Ein Produktion von
Solarzellen und Modulen macht im Umfeld von Überkapazitäten und günstigen
Produkten aus Asien überhaupt keinen Sinn.»
© Solarmedia
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