Der
Widerstand der Aktionäre ist 2017 gestiegen, dies zeigt die jährliche
Ethos Studie über die Generalversammlungen, Vergütungen und Corporate
Governance der in der Schweiz kotierten Unternehmen. Insgesamt wurden
14% der Anträge mit weniger als 90% Ja-Stimmen von den Aktionären
angenommen, im Vergleich zu 12% im vergangenen Jahr. Bei den
Abstimmungen über die Vergütungen der Führungsinstanzen zeigten sich die
Aktionäre besonders kritisch. Parallel zur Veröffentlichung ihrer
Studie gibt Ethos auch ihre Erwartungen an den zurzeit im Parlament
beratenen Entwurf zur Revision des Aktienrechts bekannt.
Innerhalb
der 200 Unternehmen des Börsenindexes SPI betrug die durchschnittliche
Zustimmungsquote der den Aktionären 2017 zur Abstimmung vorgelegten
Traktanden 95,4% (2016: 96,3%). Insgesamt erhielten 7% der Anträge
weniger als 80% Zustimmung (2016: 4%), 27 Anträge wurden von der
Generalversammlung sogar abgelehnt. Ausserdem wären etwa 30 Anträge,
über die in Unternehmen mit einem Ankeraktionär (d.h. mit mindestens
einem Drittel der Stimmrechte) abgestimmt wurde, bei alleiniger
Berücksichtigung der Stimmen der übrigen Aktionäre abgelehnt worden.
Ethos-Direktor Vincent Kaufmann dazu: «Der zunehmende Widerstand zeigt,
dass sich die Aktionäre ihrer Rechte bewusst geworden sind und diese
geltend machen».
Die
Anträge in Zusammenhang mit den Vergütungen der Führungsinstanzen
(Verwaltungsrat und Geschäftsleitung) waren besonders umstritten: So
wurden 21% der Konsultativabstimmungen über den Vergütungsbericht von
weniger als 80% der Aktionäre unterstützt. 2016 waren es nur 16%. Die
durchschnittliche Ablehnungsquote betrug beim Vergütungsbericht 13,3%,
im Vergleich zu 11% im Jahr 2016. Ethos zeigte sich bei ihren
Stimmempfehlungen ebenfalls kritischer und lehnte 18% aller der
Generalversammlungen der SPI-Unternehmen zur Abstimmung vorgelegten
Anträge ab (2016: 15%). Dies ist in erster Linie auf eine Änderung der
Stimmrechtsrichtlinien von Ethos zurückzuführen, welche nunmehr
vorsehen, die Wahl eines Verwaltungsratsmitglieds mit exekutiven
Aufgaben im gleichen Unternehmen abzulehnen. In Übereinstimmung mit den
neuen europäischen Vorgaben stimmt Ethos seit diesem Jahr auch gegen die
Wiederwahl der Revisionsstelle, wenn deren Mandatsdauer 20 Jahre
überschreitet.
Die
durchschnittlichen Vergütungen sind nahezu konstant geblieben. Es sind
jedoch erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Sektoren
festzustellen. Insbesondere stieg innerhalb der 100 grössten kotierten
Gesellschaften die Gesamtvergütung der Führungsinstanzen der Unternehmen
des Finanzsektors um 4%, obwohl die Gewinne im gleichen Zeitraum um 16%
sanken. Bei den Vergütungsabstimmungen in den Unternehmen des
Finanzsektors äusserte sich dies darin, dass im Vergleich zu den anderen
Sektoren ein höherer Anteil an Nein-Stimmen verzeichnet wurde. Bei GAM
beispielsweise wurde die variable Vergütung der Geschäftsleitung von den
Aktionären klar abgelehnt. Auch bei Credit Suisse, wo der Druck der
Aktionäre zu einer Senkung um 40% der Geschäftsleitungs-Boni führte, kam
der Widerstand klar zum Ausdruck. «Der fehlende Zusammenhang zwischen
dem Vergütungsniveau der Führungsinstanzen und der Unternehmensleistung
wird von den Aktionären mit Recht immer häufiger sanktioniert», stellt
Vincent Kaufmann fest.
In
seiner letzten Session begann das Parlament die Beratung des vom
Bundesrat vorgelegten Entwurfs zur Revision des Aktienrechts. Ziel
dieses Entwurfs ist die Anpassung des Unternehmensrechts an die
Marktgegebenheiten, vor allem infolge der Umsetzung der
Minder-Initiative. Ethos hat in diesem Zusammenhang mehrere Empfehlungen
zur Verbesserung der Aktionärsrechte abgegeben, insbesondere bezüglich
der Kapitalstruktur, der Vergütungen und des Verwaltungsrats. Dr.
Dominique Biedermann, Präsident des Ethos Stiftungsrats, dazu: «Diese
Gesetzesrevision ist ausschlaggebend, um den Aktionären die Anwendung
der Good-Governance-Regeln durch die Schweizer Unternehmen zu
garantieren».
Insbesondere
fordert Ethos die Wiedereinführung des im Vorentwurf enthaltenen
Verbots, prospektiv über die variable Vergütung der Geschäftsleitung
abzustimmen. Um den Aktionären eine bessere Kontrolle allfälliger
Exzesse zu ermöglichen, ist es notwendig, dass sie über die effektiven
variablen Vergütungen entsprechend der Resultate des Unternehmens
abstimmen können. Im Fall der Generalversammlung der Credit Suisse z.B.
war es die Mobilisierung der Aktionäre – nach den massiven Verlusten des
Unternehmens – gegen die Boni 2016, über die retrospektiv abgestimmt
wurde, welche die Geschäftsleitung dazu veranlasste, ihre Boni
freiwillig um 40% zu reduzieren. Eine prospektive Abstimmung an einer
vorhergehenden Generalversammlung dagegen wäre einem Blankocheck
gleichgekommen, den die Aktionäre nicht mehr hätten anfechten können.
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