Freitag, 2. Februar 2018

Fassade dreht sich nach Sonne

Die Idee ist so bestechend, dass erstaunt, wieso sie nicht längst umgesetzt wurde: Eine Fassade mit Sonnenschutz und Photovoltaikanlage in einem. Möglich hat es nun die Mobiliar zusammen mit GWJ Architektur AG bei einem ihrer Berner Bürogebäude aus den 1980ern gemacht. Jetzt ist die Sanierung an der Monbijoustrasse 68 abgeschlossen - ein Eigenbeschrieb des Berner Versicherungsunternehmens.

«Von Anfang an stand fest, dass wir zukunftsgerichtet umbauen wollen», sagt Markus Wyss, Leiter Immobilien der Mobiliar. Das Bürogebäude an der Monbijoustrasse 68 in Bern, wenige hundert Meter vom Hauptsitz der Mobiliar entfernt, musste gesamtsaniert werden – nicht nur wegen dem verblichenen Charme aus den frühen 1980er-Jahren. Die Idee: Die Gebäudehülle soll vor der Sonne schützen und gleichzeitig Strom produzieren. Allerdings war kein Anbieter zu finden, der dieses Vorhaben umsetzen konnte. Auf eine bereits ausgeführte Lösung konnten die Planer, GWJ Architektur AG und Ingenieurbüro Hostettler, sowie Bauherrin Mobiliar nicht zurückgreifen.

«Kein Grund, aufzugeben», sagt Markus Wyss. Im Gegenteil: Die Mobiliar wollte mithelfen, eine sinnvolle Technologie weiterzuentwickeln und Innovation zu ermöglichen. Für diese Vision brauchte es neue Wege. Es sollte ein Leuchtturmprojekt werden, das neue Möglichkeiten aufzeigt. «Für die Umsetzung der Vision der Bauherrschaft liessen wir uns von erprobten Elementen inspirieren, welche wir neu kombiniert interpretiert haben», sagt Architekt Daniel Meyer von der GWJ Architektur AG in Bern.

Eine der grössten Herausforderungen war, dass die klassischen kristallinen Solarzellen für die Stromproduktion zwar sehr effizient, aber nicht transparent sind – für die Fassade also ungeeignet. Deshalb wurden die Zellen ausgelasert, allerdings mit unbefriedigendem Resultat: Die Beschattung war ungenügend. Als tauglich erwiesen sich schliesslich Dünnschichtzellen auf der Basis von amorphem Silizium. Diese eigens für dieses Gebäude entwickelten Glaslamellen produzieren genügend Strom und sind gleichzeitig lichtdurchlässig, ähnlich einer Sonnenstore. Aus den Glaslamellen, geschosshoch und 45 cm breit, besteht nun die gesamte Fassade des Bürogebäudes. Die Lamellen drehen sich nach dem Sonnenstand und verändern so laufend die Gebäudeansicht. Vor allem aber bieten sie optimalen Sonnenschutz und erreichen den grösstmöglichen Wirkungsgrad für die Stromproduktion. Bei Heizbetrieb im Winter stehen die Lamellen senkrecht und bewegen sich nicht.

Die Produktion der Fassadenanlage ergänzen handelsübliche kristalline Photovoltaikmodule auf dem Flachdach. Die vor Ort gewonnene Energie von rund 100‘000kWh wird auch gleich dort verbraucht: Sie deckt knapp 40% des Bedarfs des Gebäudes. Das Bürogebäude, auch innen erneuert, bietet rund 400 moderne Arbeitsplätze. Genutzt werden sie von der Mobiliar selbst, grösstenteils von der Informatikabteilung. «Wir haben zwar nicht den einfachsten Weg gewählt für diese Gesamterneuerung», sagt Markus Wyss. «Aber einen, der in die Zukunft führt.»

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