Immer mehr Autos haben künftig einen Elektromotor oder nutzen
andere alternative Antriebe. Die dazu passende Tankstelle entwickeln
jetzt Wissenschaftler des Zentrums für Sonnenenergie- und
Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW).
Ein Tesla-Modell in Zürichs Strassen - der US- Autobauer verfügt bereits über ein eigenes Tankstellennetz (Bild: Guntram Rehsche) |
Mitte Februar 2018
begannen die Forschungsarbeiten. Die Zapfsäule der Zukunft soll den
Fahrern Strom, Wasserstoff sowie das Erdgassubstitut Methan aus
regenerativen Quellen bereitstellen – und das möglichst effizient,
kostengünstig und bedarfsgerecht. Das vom Bundeswirtschaftsministerium
mit rund 1,3 Millionen Euro geförderte Vorhaben dauert fünf Jahre und
erfolgt im Rahmen des Projekts „QUARREE 100“, in dem die vollständige
erneuerbare Energieversorgung eines Stadtteils getestet wird. Die Mobilität wird sich in den nächsten Jahren stark wandeln. Strom
aus Wind und Sonne für Elektroautos und erneuerbarer Wasserstoff für
Brennstoffzellenfahrzeuge spielen bald eine immer größere Rolle. Auch
Methan aus Ökostrom für Erdgasautos aus Ökostrom ist ein
klimafreundlicher Kraftstoff. Noch fehlt dazu jedoch die entsprechende
Tankstelle. Bislang werden Strom- und Wasserstofftankstellen massiv
ausgebaut, auch welche, die beide Energieformen anbieten. Eine
Tankstelle, die Strom, Wasserstoff und auch Methan liefert, gibt es
bislang aber noch nicht. Mit dem ZSW-Projekt soll sich das nun ändern.
Die Idee der
Wissenschaftler aus Stuttgart: Eine Multienergiezapfsäule. Erneuerbarer
Strom etwa aus Windkraftanlagen soll über das Stromnetz direkt in die
Batterie der Elektroautos geladen werden. Ist der Bedarf höher als das
Angebot, springt eine zugeschaltete stationäre Großbatterie ein, die
zuvor bei einem Überangebot an Strom gefüllt wurde. „Ist die Batterie
voll und können auch die tankenden Elektroautos den Strom nicht mehr
abnehmen, erfolgt bei Bedarf in einem zweiten Schritt die Umwandlung des
Ökostroms in Wasserstoff“, erklärt Dr. Ulrich Zuberbühler vom ZSW.
Diesen Kraftstoff nutzen Brennstoffzellenfahrzeuge. Fällt mehr
Wasserstoff an, als gebraucht wird, kommt er in einen Speicher.
In einem dritten Schritt erzeugt die Tankstelle der Zukunft Methan. Das soll dann erfolgen, wenn der Wasserstoffspeicher voll ist und die Brennstoffzellenautos das Gas nicht abnehmen. Zur Umwandlung in Methan wird dem Wasserstoff Kohlendioxid zugeführt. Beide Gase reagieren an einem Katalysator zu Methan. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas, Erdgasautos können den Kraftstoff problemlos nutzen. Ist mehr verfügbar als getankt wird, kommt das Methan in einen Speicher. Ist dieser voll, wird das Methan in das Erdgasnetz eingespeist. „Mit unserem Vorhaben bleibt die Kopplung des Stromnetzes mit der Mobilität nicht auf Elektroautos beschränkt“, erklärt Zuberbühler. „Auch die anderen alternativen Antriebe profitieren davon.“
Die ZSW-Wissenschaftler sprechen von einer stufenförmigen Nutzung der erneuerbaren Energie. Priorität hat die Nutzung mit den geringsten Energieverlusten. Die Stufe 1 wird erst verlassen, wenn ihr Potenzial ausgereizt ist und so weiter. Am effizientesten ist die Verwendung des regenerativen Stroms in Elektromotoren. Hier fallen keine Energieumwandlungsverluste an, sondern nur bis zu 10 Prozent Batteriespeicherverluste. Erst wenn dieser Bedarf gedeckt ist, kommen die nächsten Stufen in Betracht: Zuerst die Umwandlung in Wasserstoff und dann die Methanisierung. Der Wirkungsgrad von Strom zu Wasserstoff liegt bei rund 75 Prozent, der von Strom zu Methan bei 60 Prozent. Gelagert werden können die chemischen Langzeitspeicher ohne Verluste. Wird die bei der Umwandlung entstehende Abwärme genutzt, steigert das den Wirkungsgrad um einige Prozentpunkte.
Ziel des ZSW in dem Projekt
ist es, die Effizienz, Lebensdauer und Wirtschaftlichkeit der beiden
Hauptkomponenten zu verbessern. Bei ihnen handelt es sich um einen
alkalischen Druck-Elektrolyseur und einen Plattenreaktor zur
Methanisierung. Sie werden im 100-Kilowatt-Maßstab weiterentwickelt. Um
die Elektrolyse und die Methansynthese zeitlich voneinander zu
entkoppeln, ist ein Wasserstoffzwischenspeicher vorgesehen, den das
Institut konzeptionell entwickelt und sicherheitstechnisch bewertet. Für die technische Entwicklung inklusive Sicherheitskonzept und
Klärung aller Genehmigungsdetails haben die Forscher drei Jahre Zeit. In
einem Demonstrationsbetrieb vor Ort soll das Ganze dann ab dem Jahr
2020 getestet werden.
Das ZSW-Vorhaben ist Teil des Projekts QUARREE100. In dem mit 24
Millionen Euro geförderten Leuchtturmprojekt setzen Institute,
Unternehmen und die öffentliche Verwaltung den nachhaltigen Umbau der
Energieversorgung eines Stadtquartiers in der Stadt Heide, Kreis
Dithmarschen, um. Die Tankstelle fungiert hierbei im Quartier als
Energiezentrum für die Energiewandlung und -speicherung.
Der Ökostromanteil im deutschen
Stromnetz liegt inzwischen bei rund einem Drittel, Tendenz steigend.
2030 sollen es bereits 65 Prozent sein. Eine Nutzung außerhalb des
Stromnetzes, etwa in Elektroautos und als alternativer Kraftstoff, würde
den Sektor Mobilität klimafreundlicher machen. Bislang gibt es hier nur
geringe Fortschritte. Die alternativen Kraftstoffe Wasserstoff und
Methan haben zudem den großen Vorteil, als chemische Speichermedien
lange ohne Verluste gelagert und in das deutsche Erdgasnetz eingespeist
werden zu können, wo sie auch für die Sektorkopplung zur CO2-neutalen
Wärmeversorgung von Gebäuden bereitstehen.
Die Förderung erfolgt im Rahmen des 6. Energieforschungsprogramms, Förderinitiative Solares Bauen / Energieeffiziente Stadt, einer gemeinsamen Initiative von Bundesforschungsministerium und Bundeswirtschaftsministerium.
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