Die Nationale Photovoltaik-Tagung hat sich zum wichtigsten Treffpunkt
der schweizerischen Solarstrombranche etabliert. Die Tagung organisiert
Swissolar gemeinsam mit dem Verband Schweizerischer
Elektrizitätsunternehmen (VSE) und EnergieSchweiz. Sie steigt diese Woche am Donnerstag und Freitag in Bern. Ein wichtiges Thema wurde bereits im Vorfeld in einem Textbeitrag auf www.swissolar.ch beleuchtet: Solarwärme und Solarstrom können
ein gutes Team bilden!
PV-Thermie-(PVT)-Systeme kombinieren die
Erzeugung beider Arten von Solarenergie in einem Element. Dies ist ein
grosser Vorteil, wenn die Dachfläche begrenzt ist. In den letzten Jahren
hat die Nachfrage nach dieser neuen Art von Solartechnik zugenommen. Um
diesen aufstrebenden Markt zu unterstützen, startete das Programm
"Solar Heating and Cooling" der Internationalen Energieagentur (IEA SHC)
ein globales Forschungs- und Kommunikationsprojekt namens "Task 60:
Anwendung von PVT-Kollektoren und neue Lösungen in HLK-Systemen".
In mehreren europäischen Ländern nimmt der PVT-Markt
derzeit Fahrt auf – allen voran in Frankreich und in der Schweiz. "Wir
sehen das Interesse an neuen PVT-Lösungen in mehreren Ländern, da die
Dachfläche in städtischen Gebieten begrenzt ist", sagte Jean-Christophe
Hadorn, Manager der Schweizer Hadorn Business Consulting und Leiter des
neuen Forschungsprojekts. Im Jahr 2016 installierte Frankreich laut dem
französischen Branchendienst Observ'ER 620 PVT-Anlagen mit einer
PV-Leistung von 1.6 MW (ungefähr 16,000 m2). Die meisten liefern warmes
Wasser oder warme Luft zum Heizen von Einfamilienhäusern.
In der Schweiz dominieren wasserbasierte PVT-Systeme den Markt: Die
Paneele haben die gleiche Grösse und Struktur wie PV-Module, doch wird
auf die Rückseite des PV-Moduls ein Wärmeabsorber laminiert, geklebt
oder geklemmt. PVT-Systeme werden zunehmend
in Kombination mit Erdwärmepumpen eingesetzt, weil die Solarenergie den
Boden im Sommer wieder erwärmt – praktisch um die Wärmequelle zu
"regenerieren", wie es Experten nennen. Forscher vom Schweizerischen
Institut für Solartechnik (SPF) schätzen, dass Ende 2016 in der Schweiz
300 PVT-Anlagen in Betrieb waren. Trotz der wachsenden Nachfrage ist PVT
immer noch eine junge Technologie. "Eine neue aufstrebende Industrie
braucht umfassende Unterstützung aus Forschung und Marketing", sagt
Hadorn.
PVT-Technologien ermöglichen eine sehr effiziente Arbeitsweise.
PV-Module nutzen – abhängig von der eingesetzten Zelltechnologie – 15
bis 20 % der einfallenden Sonnenenergie. Der Rest geht in Form von Wärme
verloren. PVT-Elemente nutzen diese "verlorene" Energie, um Luft oder
Wasser zu erwärmen. Gleichzeitig kühlt die Ableitung der Wärme die
PV-Zellen ab und lässt sie so effizienter arbeiten. Die produzierte
Menge an Strom und Wärme hängt jedoch von vielen Variablen ab. Deshalb
sieht Hadorn die dringende Notwendigkeit, mehr Transparenz bezüglich
Ertrag, Kosten und Zertifizierung verschiedener Arten von PVT-Systemen
zu schaffen. Aus diesem Grund wird das IEA SHC-Forschungsprojekt
Betriebsdaten von Heiz- und Kühlsystemen mit PVT-Komponenten sammeln,
mit dem Ziel, die Daten mit dem simulierten Ertrag zu vergleichen.
Simulationstools können dadurch optimiert werden.
Wissenschaftler des SPF haben bereits einige Evaluationen
durchgeführt: PVT-Kollektoren in der Zentralschweiz liefern in der Regel
einen jährlichen elektrischen Ertrag von etwa 160 kWh/m². Die
Warmwasserproduktion hängt stark von der Anwendung ab: Je niedriger die
erforderliche Temperatur, desto höher die verfügbare Energiemenge. Wird
Warmwasser direkt (für Duschen etc.) erhitzt, können jährlich rund 150
kWh Wärme pro Quadratmeter Kollektorfläche gewonnen werden. Wird das
Wasser nur vorgewärmt, sind 250 kWh/m² pro Jahr möglich. Bei der
Regeneration der Bohrlöcher von Erdwärmesonden können jährliche
Solarerträge von 300 bis 400 kWh/m² erzielt werden.
Wie stark die Stromerzeugung von der Kühlwirkung der PVT-Technologie
profitiert, hängt von der Betriebstemperatur auf der Wärmeseite ab.
Niedrigtemperaturanwendungen führen zur höchsten Effizienzsteigerung:
Sie ermöglichen im Vergleich zu Standard-PV-Systemen typischerweise
einen Anstieg der jährlichen Solarstromerzeugung um 5%. Auf Seiten der Hersteller sieht Hadorn ein grosses Interesse am IEA
SHC-Projekt. In den letzten drei Jahren dominierten immer mehr
spezialisierte Anbieter mit bewährten Technologien die europäischen
PVT-Märkte. Einer von ihnen ist das in Frankreich ansässige Unternehmen
Dualsun, das am Task 60 teilnimmt. Es hat laut eigenen Angaben bereits
mehr als 500 PVT-Projekte in Europa realisiert. Dualsun hat
Monitoring-Daten für zwei 300 m² grosse PVT-Felder für kommerzielle
Schwimmbäder in Südfrankreich veröffentlicht, die mit
Simulationsergebnissen gut übereinstimmen (siehe Tabelle). Dies zeigt,
dass die Co-Produktion von Wärme und Strom zuverlässig vorhergesagt
werden kann.
PVT-Standort
|
Jährlicher Solarwärme-Ertrag
(TRNSYS Simulation) kWh/a |
Jährlicher Solarwärme-Ertrag (gemessen) kWh/a
|
Differenz
|
Jährlicher Strom-Ertrag (TRNSYS Simulation) kWh/a
|
Jährlicher Strom-Ertrag (gemessen) kWh/a
|
Differenz
|
Sète
|
81.354
|
82.100
|
2 %
|
55.826
|
59.113
|
5,9 %
|
Perpignan
|
97.077
|
119.870
|
23 %
|
60.535
|
63.942
|
5,6 %
|
Simulierte und kontrollierte Jahreserträge von zwei PVT-Anlagen (jeweils 300 m² Fläche), die in öffentlichen Schwimmbädern in Frankreich installiert sind. Quelle: Dualsun
Das Fraunhofer ISE und der Task-60-Koordinator Hadorn laden alle
interessierten Akteure zum „Internationales Seminar zum Status von
PVT-Systemen“ am 16. Mai in Freiburg ein. Die eintägige Veranstaltung
findet in englischer Sprache statt. Experten aus dem Forschungsprojekt
präsentieren neueste Erkenntnisse zur Markt- und Technologieentwicklung.
Weitere Informationen und Updates erhalten Sie auf der Task-60-Website. Anmeldungen sind online möglich.
IEA SHC ist ein internationales Forschungs- und Informationsprogramm
zum solaren Heizen und Kühlen. Rund 200 Experten aus 21 Ländern und fünf
Organisationen decken ein breites Themenspektrum ab – von der urbanen
Solarplanung über zukünftige Speicherkonzepte bis hin zur Integration
grosser Solarfelder in Fernwärme- und -kältenetze. Der „Einsatz von
PVT-Kollektoren und neuen Lösungen in HLK-Systemen“ oder einfach
"PVT-Systeme" ist eines von elf Forschungsprojekten, die im Rahmen des
IEA SHC-Programms "Tasks" genannt werden. Das hier beschriebene Projekt
läuft bis Ende 2020.
Informationen:
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