Samstag, 23. Dezember 2017

Rohrkrepierer kontra PV

Die Basler Zeitung - einst als Vorgängermedium die progressive Nationalzeitung - fristet das Dasein des hässlichen Entleins in der hiesigen Presselandschaft. Besitzer im Hintergrund ist SVP-Blocher, Chefredaktor im (häufigen) Vordergrund Markus Somm. Und jetzt ziert auch noch der ehemalige Weltwoche-Redaktor und Klimaleugner Alex Reichmuth mit seinem Konterfei die Redaktionsgalerie. Da konnte der Angriff auf die Photovoltaik (PV) nicht lange auf sich warten.

Weit verbreitet ist PV unterdessen auch
in den Ländern des Südens, wie hier im
Südpazifik auf den Cook Islands (Bild:
Guntram Rehsche)
In dieser Woche hat Reichmuth unter dem Titel «Die verheerende Bilanz von Solarenergie» zugeschlagen. Seiner verheerenden Bilanz zugrunde liegt die Studie eines ETH-Ingenieurs, der sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit abstrusen Angriffen auf die Solarenergie hervortat. Näheres dazu im verlinkten Artikel. Nachfolgend seien die wichtigsten Gegenargumente aufgeführt, die der Solarmedia-Autor im Diskussions-Blog beigesteuert hat. Hingewiesen sei auch noch auf die Stellungnahme des Fachverbandes Swissolar > hier.

Fällt niemandem auf, wie falsch die im BaZ-Artikel verwendeten Zahlen sind?
- Behauptung: «Laut Zahlen des Bundes resultieren bei neuen Solarpanels im Schnitt 106 Kilowattstunden (kWh) Strom pro Quadratmeter Solarpanel.» Richtig ist: Der Ertrag liegt um mehr als 50 Prozent höher (1 KWp liefert p.a. über 1000 KWh, benötigt heutzutage 5-6 m Fläche)
- «Insgesamt kann bei Solarpanels in der Schweiz von einem Energieertrag von rund 2200 kWh pro Quadratmeter ausgegangen werden.» In 25 Jahren liefert das Modul richtigerweise mind. 20'000 KWh, pro m2 also rund doppelt so viel Strom.
- «Heute werden über 80 Prozent der Solarpanels in China gefertigt.» Der Anteil liegt eher bei 60 Prozent - und bei in der Schweiz verbauten Anlagen wohl noch tiefer. Und: Module werden nicht zwingend mit Kohlestrom erzeugt.

Nicht nur sind also die im Artikel im Detail verwendeten Zahlen falsch. Auch die grundsätzliche Entwicklung der Solarenergie wird falsch eingeschätzt. Und es braucht auch keine wissenschaftlichen Studien - obwohl mehrere vorhandene die Aussagen klar widerlegen. Gesunder Menschenverstand genügt: Die ganze Welt baut PV-Anlagen - das nicht nur im Süden, sondern auch in GB, N, Dänemark, alle mit schlechterer Sonneneinstrahlung als in der Schweiz. Brennstoff steht gratis zur Verfügung und die Technologie verbessert sich immer noch - CH-Forschung ist dabei übrigens besonders erfolgreich. Die mit Preisen bewerteten Einzelschritte pro m2 sind viel zu hoch.
 
Besonders neckisch: Die Unterstützer des BaZ-Artikels  widerlegen teils mit ihren eigenen Zahlen die aufgestellten Behauptungen. Zum Beispiel mit dem Hinweis auf den Jahresertrag von 200 KWh / m2 Modulfläche - das macht in 25 Jahren dann eben 5000 KWh und nicht nur deren 2200 wie im Artikel bekauptet. Selbst bei Berücksichtigung der Degradation (Leistungsminderung über die Jahre) bleibt ein deutliches Energieplus! Es bleibt trotz aller  Zahlenaktobatik  dabei: Solarenergie zahlt den Energieeinsatz um ein mehrfaches zurück - sonst wäre die Welt ja auch energetisch schon längst abgesoffen beim aktuell beobachteten PV-Wachstum.

Und Photovoltaik ist unterdessen eine der wichtigsten neuen Energiequellen, so auch in südlichen Ländern, etwa in Indien (mit einem der grössten PV-Programme überhaupt - in Gujarat, dem Herkunftsstaat von Premier Modi seit Jahren, im Rest von Indien aktuell), in Südafrika, in Brasilien, in Mexiko, auf den Cook Islands in der Südsee (siehe Bild oben), im Süden der USA und auf Hawaii sowie auf kleineren Inseln, die bereits zu 100 Prozent mit Erneuerbaren resp. dem Mix von Sonne und Wind ihren Energiebedarf decken.

Ergänzend liesse sich noch festhalten: Bei allem ideologischen Geplänkel ist es Zeit, an die falschen Zahlen des Artikels zu erinnern: «Der Aufwand für die Verzinsung der Investitionen wird übersehen.» Jede Wirtschaftlichkeitsrechnung enthält den Zins als Kostenbestandteil - er wurde ja auch in der viel kritisierten KEV verwendet - und dort häufig als zu hoch kritisiert, weil damit die Anlagenbauer sich eine vermeintlich goldene Nase verdienten - ja was nun? «Der Stromertrag wird buchstäblich mittels Schönwetter-Annahmen ermittelt.» Aufgrund eigener Erfahrung kann ich feststellen, dass der häufig postulierte Jahresertrag pro Kilowattstunde peak meist erreicht wird bei einigermassen gut ausgerichteten Anlagen. In den letzten zehn Jahren zeigten Versuchsanlagen wie jene der EKZ in Zürich-Dietikon sogar deutlich höhere Erträge.

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