Wie sähe die Stromversorgung der Schweiz heute und mittelfristig aus, wenn die Energiestrategie 2050 abgelehnt worden wäre? Die Schweizerische Energie-Stiftung hat in einer Studie die offiziellen Statistiken zur inländischen Stromproduktion von 2009 bis 2021 ausgewertet. Die Resultate zeigen, dass die Stromproduktion dank der Energiestrategie um 2,3 Terrawattstunden höher ausgefallen ist als ohne Energiewende. In vier weiteren Szenarien wurde der forcierte Ausbau der Erneuerbaren oder der geplante Ausstieg aus der Atomenergie durchgerechnet. Die Studie kommt zum Schluss, dass die Energiestrategie 2050 die Stromproduktion bereits angekurbelt hat und nun weiter forciert werden sollte.
Die Schweizer Stromversorgung steht die kommenden Jahre vor grossen
Herausforderungen. Vor allem internationale Entwicklungen wie die
Unsicherheiten bei der Gasversorgung, vermehrt ungeplante AKW-Ausfälle
in Frankreich und der zunehmende Ausschluss aus dem europäischen
Strommarkt gefährden eine Versorgung, wie wir sie in den vergangenen
Jahren gewohnt waren. Im Zentrum der Kritik steht auch immer wieder die
Energiestrategie 2050.
Vier Szenarien zur Stromproduktion: Tatsächlich sähe die Schweizer Stromversorgung heute sehr anders aus,
wären die energiepolitischen Weichen im Zuge der Energiestrategie 2050
in eine andere Richtung gestellt worden. Die vorliegende Studie «Wie
könnte die Schweizer Stromproduktion heute auch aussehen?» geht den
stark divergierenden Forderungen in der Entstehungsphase der
Energiestrategie 2050 auf den Grund. In ihr wird anhand von vier
Szenarien untersucht, inwiefern andere oder eben «alternative
Energiestrategien» die heutige inländische Stromproduktion beeinflusst
hätten. Die vier Szenarien reichen von einem Stopp im Ausbau der
erneuerbaren Stromproduktionskapazitäten ohne Neubauverbot für
Atomkraftwerke bis hin zu einer kräftigen Beschleunigung der
Energiewende verbunden mit einem schnellen Atomausstieg. Dabei
analysiert die Studie nicht nur den Technologiemix, sondern auch die
Versorgungsqualität, die Umweltfreundlichkeit und die Kosten.
Die Resultate zeigen, dass nur der massive Ausbau der erneuerbaren
Energien die Stromversorgung kurz- und mittelfristig sicherstellt. Knapp
fünf Terawattstunden – eine Terawattstunde davon im Winterhalbjahr –
hätte die Photovoltaik im Jahr 2021 zusätzlich bereitstellen können,
wenn der ambitionierteste Ausbaupfad bei den Erneuerbaren beschritten
worden wäre. Bis im Jahr 2025 wären sogar neun Terawattstunden
zusätzliche Stromproduktion mit Photovoltaik möglich gewesen. Wenn die
Mittel für den Ausbau erneuerbaren Energien hingegen stärker limitiert
oder ganz gestrichen worden, dann stünde heute bis zu zweieinhalb
Terawattstunden weniger Strom pro Jahr zur Verfügung. Die Differenz
würde bis im Jahr 2025 auf fast fünf Terawattstunden steigen, womit
heute zusätzliche Kurzfrist-Massnahmen zur Sicherung der Stromversorgung
ergriffen werden müssten.
Die Untersuchung zeigt zudem, dass eine generöser ausgestaltete
Energiestrategie 2050 zu deutlicher Mehrproduktion und somit zu einer
sichereren Stromversorgung geführt hätte. Da die erneuerbare
Stromproduktion dank der Dezentralisierung im Jahresverlauf weniger
schwankt als die Stromproduktion in zentralen AKW’s, hätte dies auch die
Versorgungsqualität erhöht. AKW’s fallen jährlich und meist ungeplant
aus, was einen grossen Stromverlust zur Folge hat.
Für Léonore Hälg, Autorin der SES-Studie, ist klar: «Die Förderung der
erneuerbaren Energien stärkt und garantiert die Versorgungssicherheit
der Schweiz. Die Atomkraft reduziert sie.» Ein massiver Ausbau der
PV-Leistung würde schliesslich die Notwendigkeit von Stromimporten
verkleinern und der verbrauchte Strom in der Schweiz wäre umwelt- und
klimafreundlicher. Das eidgenössische Parlament hat es nun in der
Hand diese Versäumnisse aufzuarbeiten und die Rahmenbedingungen für die
erneuerbare Stromproduktion deutlich zu verbessern.
Download Studie «Alternative Szenarien zur Energiestrategie 2050»
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen