Das Verbundprojekt »Agrophotovoltaik –
Ressourceneffiziente Landnutzung« (APV-RESOLA) erprobt seit mehr als
zwei Jahren die Kombination von Solarstromproduktion und Landwirtschaft
auf der gleichen Fläche. Über einer 0,3 Hektar großen Ackerfläche am
Bodensee wurden in fünf Meter Höhe Solarmodule mit einer Leistung von
194 Kilowatt installiert.
Im ersten Projektjahr 2017 konnte das Projektkonsortium unter Leitung
des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesystem ISE bereits eine
Steigerung der Landnutzungsrate auf 160 Prozent nachweisen. Im
Hitzesommer 2018 wurde dieses Ergebnis noch deutlich übertroffen: Die
Teilverschattung unter den Solarmodulen steigerte die
landwirtschaftlichen Ernteerträge, die hohe Sonneneinstrahlung die
Solarstromproduktion. So lag die Landnutzungseffizienz bei 186 Prozent.
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Im Jahr 2018 konnten die Landwirte der Demeter-Hofgemeinschaft Heggelbach zum zweiten Mal ihre Ernte unter der Agrophotovoltaik-Anlage einholen. Dabei verzeichneten sie bei drei der vier angebauten Kulturen (Winterweizen, Kartoffeln, Kleegras, Sellerie) unter der APV-Anlage höhere Erträge als auf der Referenzfläche ohne Solarmodule. Am stärksten profitierte Sellerie (+12 Prozent), während Winterweizen ein Plus von 3 Prozent und Kleegras ein Minus von 8 Prozent aufwiesen. »Bezogen auf Kartoffeln ergibt sich eine Steigerung der Landnutzungseffizienz um 86 Prozent pro Hektar«, so Projektleiter Stephan Schindele vom Fraunhofer ISE.
Neben der Bestandsentwicklung, dem Ertrag und der Ertragsqualität erhoben Wissenschaftler der Universität Hohenheim auch Daten zu den mikroklimatischen Bedingungen unter und neben der APV-Anlage. Die photosynthetisch aktive Sonneneinstrahlung unter der APV-Anlage war rund 30% niedriger als auf der Referenzfläche. Neben der Sonneneinstrahlung beeinflusste die APV in erster Linie die Niederschlagsverteilung und die Bodentemperatur. Die Bodentemperatur unter APV lag im Frühjahr und Sommer unter jener der Referenzfläche, während die Lufttemperatur identisch war. In den heißen und trockenen Sommermonaten 2018 war die Bodenfeuchtigkeit im Weizenbestand unter der APV-Anlage höher als auf der Referenzfläche. In den Wintermonaten sowie bei den anderen Kulturen lag sie hingegen darunter.
»Wir gehen davon aus, dass die Pflanzen den von Trockenheit geprägten Hitzesommer 2018 durch die Verschattung unter den semitransparenten Solarmodulen besser verkrafteten«, sagt Agrarwissenschaftlerin Andrea Ehmann. »Dadurch verdeutlicht sich auch das Potenzial der APV für aride Regionen, aber auch die Notwendigkeit weiterer Versuche in anderen Klimaregionen sowie mit zusätzlichen Kulturenarten«, ergänzt ihr Kollege Axel Weselek.
Die solare Einstrahlung lag 2018 mit 1.319,7 Kilowattstunden pro Quadratmeter um 8,4 Prozent über dem Vorjahr. Dies steigerte die Solarstromproduktion im Erntejahr 2018 um zwei Prozent auf 249.857 Kilowattstunden, was einem außergewöhnlich guten spezifischen Ertrag von 1.285,3 kWh pro installiertem Kilowatt peak entsprach. Bei den Stromgestehungskosten pro Kilowattstunde ist der Strom aus einer Agrophotovoltaikanlage bereits heute wettbewerbsfähig mit kleinen PV-Dachanlagen, und die Forscher rechnen mit sinkenden Kosten aufgrund von Lern- und Skalierungseffekten.
Wird der Solarstrom direkt vor Ort gespeichert und genutzt, wie bei der Hofgemeinschaft Heggelbach, ergeben sich für Landwirte durch Synergieeffekte zusätzliche Einkommensquellen. Die Nutzung von Elektrofahrzeugen zieht auch in die Landwirtschaft ein, so haben die Landtechnikhersteller Fendt und John Deere bereits vor zwei Jahren die ersten voll batteriebetriebenen E-Traktoren vorgestellt.
»Wenn es die Politik zulässt, kann die Agrophotovoltaik die Antwort auf die Tank-oder-Teller-Diskussion sein, denn technisch betrachtet können Landwirte beides: durch die Doppelnutzung der Ackerflächen ihrer Kernaufgabe der Nahrungsmittelproduktion gerecht werden und zusätzlich durch die Bereitstellung von Solarstrom einen Beitrag zum Ausbau der Elektromobilität und zum Klimaschutz leisten«, so Stephan Schindele.
Die Ergebnisse aus dem Hitzesommer 2018 zeigen das enorme Potenzial der Agrophotovoltaik für aride Klimazonen auf, wo Kulturpflanzen und Nutztiere von der Verschattung durch die PV-Module profitieren können. Das Fraunhofer ISE arbeitet bereits in mehreren Projekten am Transfer der Technologie in Schwellen- und Entwicklungsländer sowie an neuen Anwendungen. So legt eine Vorstudie, die das Institut für den indischen Bundesstaat Maharashtra angefertigt hat, nahe, dass sich durch die Verschattung und die geringere Verdunstung bei Tomaten und Baumwolle bis zu 40 Prozent höhere Erträge erreichen lassen. »Im konkreten Fall rechnen wir für die Region fast mit einer Verdopplung der Landnutzungseffizienz«, so Max Trommsdorff vom Fraunhofer ISE, Projektleiter der Vorstudie. In einem Projekt im Rahmen des EU-Programms Horizon 2020 prüfen die Fraunhofer-Forscher mit Partnern in Algerien, wie sich die APV-Anlagen auf den Wasserhaushalt auswirken. Neben verringerter Verdunstung und niedrigeren Temperaturen spielt auch die Regenwassergewinnung mit PV-Modulen eine Rolle.
Das Projekt APV-RESOLA wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und FONA- Forschung für nachhaltige Entwicklung. Es ist ein gemeinsames Projekt von Fraunhofer ISE, BayWa r.e. Solar Projects GmbH, Elektrizitätswerke Schönau, Hofgemeinschaft Heggelbach, Karlsruher Institut für Technologie, Regionalverband Bodensee-Oberschwaben und der Universität Hohenheim.
Weitere Informationen: www.agrophotovoltaik.de
Abschlusskonferenz APV-RESOLA am 06. Mai 2019 in Berlin: Auf einer Konferenz werden die Ergebnisse dieses und weiterer APV-Projekte in Deutschland vorgestellt und mit Vertretern aus Politik, Ministerien und Verbänden diskutiert. Dabei sollen die Chancen und Probleme bei der lokalen Umsetzung von Photovoltaik und APV sowie der Markteinstieg der Agrophotovoltaik in Deutschland adressiert werden.
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Quelle: ISE
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