Dienstag, 13. Januar 2015

Tiefer Ölpreis als grosse Chance !

Die Schweiz hat volkswirtschaftlich gesehen – wie jedes Industrieland – noch immer eine milliardenschwere Ölrechnung. Im Rahmen der Energiewende, die hierzulande unter dem Etikett «Energiestrategie 2050» segelt, werden vor allem seitens der Wirtschaft zu hohe Kosten beklagt. Doch jetzt zeigt sich: Diese Energiewendekosten sind bei weitem geringer, als die Ersparnis, die der tiefe Ölpreis mit sich bringt. 

Die Rechnung ist nicht ganz einfach, sie ist auch mit Unbekannten belastet und sie gilt, da sie eine volkswirtschaftliche ist, zwar fürs Ganze, aber nicht für jedes einzelne Subjekt der Wirtschaft, also nicht für jeden einzelnen Haushalt oder jedes Unternehmen. Und doch sei sie hier gewagt, wird sie doch bei den beklagten hohen Kosten der Energiewende auch immer und verallgemeinernd gemacht.

Ein Hinweis auf die Plausibilität der Überlegung ergibt sich aus der Entwicklung des Benzinpreises – ähnlich liesse sich mit dem Preis für Heizöl argumentieren. Dieser Benzinpreis ist, wie jede(r) Automobilist(in) festgestellt haben müsste, ganz massiv gesunken in den vergangenen Monaten – mindestens um einen Fünftel (ein Liter Benzin bleifrei kostete über 1.90 CHF und ist derzeit für deutlich unter 1.60 CHF zu haben). Die Ersparnis kommt also bei der Konsumentenschaft an – zu welcher auch die Wirtschaft und nicht nur die privaten Haushalte gehören. Das effektive Minus der Ölpreise beträgt demgegenüber sogar bis zu 50 Prozent. Übertragen wir die Minderung der Kosten auf der Basis der Benzinpreise auf unsere volkswirtsschaftliche Gesamtbelastung, so zeigt sich: Die Ölrechnung von einem guten Dutzend Milliarden Franken, welche die Schweiz gegenüber den Ölproduzenten jährlich ins Ausland überweisen muss, vermindert sich um mindestens zwei Milliarden. Und vorsichtig gerechnet für den Haushalt: bei jährlicher Autofahrleistung von durchschnittlich 15000 Kilometern und bisherigen Benzinkosten von 2000 CHF, spart der einzelne Haushalt rund 400 Franken.

Halten wir die Kosten für den Gebrauch fossiler Energie jenen der Energiewende entgegen – und stellen fest, dass letztere dereinst (aber erst aufgrund der nun vom Nationalrat beschlossenen Massnahmen) vielleicht eine Milliarde ausmachen werden. Auf jeden Fall weniger als die aktuelle Minderung der Ölrechnung. Oder anders ausgedrückt: den tieferen Ölkosten sei dank, sind wir – und ist aber vor allem auch die Wirtschaft – sehr wohl in der Lage, für die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) zur Förderung der erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind aufzukommen (künftige Gesamtbelastung ca. 800 Millionen jährlich), ebenso für eine erhöhte CO2-Abgabe, die unter anderem zur Finanzierung des Gebäudeprogramms verwendet wird. Übrigens: die KEV beträgt künftig pro Haushalt im Maximum 100 Franken jährlich -  deutlich weniger als die Benzinpreissenkung um die errechneten 400 Franken.

Da ist der Einwand nicht fern, der Ölpreis werde nicht allzulange so tief bleiben. Aber: Er wird es zumindest in der unmittelbaren Zukunft – und das ist immerhin die Chance, die erhöhten Kosten der Energiewende zu Beginn abzufedern, vielleicht sogar auf längere Zeit. Abgesehen davon, dass eine Steigerung bei der Ölrechnung stets klaglos hingenommen wird ohne jeglichen Ruf nach Gegenmassnahmen. 

Dann noch dies: Die Rechnung kann genauso gut für andere europäische Volkswirtschaften gemacht werden, etwa für die deutsche: Will heissen, die dortige jährliche Ölrechnung (ca. 90 Milliarden Euro) vermindert sich derzeit just ungefähr um jenen Betrag (ca. 20 Milliarden Euro), den die Energiewende aktuell an Kosten verursacht. Und: Diese Kosten der Energiewende beginnen in Deutschland bereits wieder zu sinken. Der tiefe Ölpreis ist eine grosse Chance für das Projekt der Energiewende, auch in finanzieller Hinsicht!

© Solarmedia / Guntram Rehsche

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