Obwohl Strom aus Solar- und Windanlagen immer günstiger wird, ist der
Ausbau der erneuerbaren Energien weiterhin auf politische Unterstützung
angewiesen. Fehlt diese, kommt es häufig zu Rückschritten beim Umbau des
Energiesystems – so geschehen in den einstigen Vorreiterländern Spanien
und Tschechien. Welche Lehren können wir daraus für die Energiepolitik
ziehen?
Eine in der Zeitschrift „Energy Policy“ erschienene Studie gibt Empfehlungen für eine wirksame Ausgestaltung politischer Maßnahmen. Der Abbau der Förderung erneuerbarer Energien ist erheblich weniger
erforscht als die Ausbaumaßnahmen. „Dabei gibt uns gerade die Analyse
des Politikabbaus wichtige Hinweise darauf, wie Gesetze und
Regulierungen so robust gestaltet werden können, dass sie auch politisch
und wirtschaftlich herausfordernden Zeiten standhalten“, betont Rainer
Quitzow, einer der Autoren des Artikels und Sprecher des
Forschungsbereiches „Energiesysteme und gesellschaftlicher Wandel“ am
IASS. Am Fall von Spanien und Tschechien werde deutlich, dass
Förderstrategien flexibel genug sein müssen, um auf technologischen
Fortschritt und veränderte Marktbedingungen angemessen zu reagieren.
Gleichzeitig sollten Ausbauziele eine hohe Verbindlichkeit haben, so
dass der Ausbau der erneuerbaren Energien das notwendige Maß an
Kontinuität erhält.
Fortschritte beim Ausbau der Erneuerbaren belohnen
In beiden untersuchten Ländern mangelte es laut den Autoren an der
notwendigen Flexibilität. In Spanien sah die gesetzliche Regelung keine
angemessene Anpassung der Fördersätze für den Fall vor, dass sich die
Preise für Erneuerbare-Energien-Technologien ändern. Als Photovoltaik
billiger wurde, konnten die Fördersätze nicht schnell genug abgesenkt
werden. So profitierte der Staat nicht von den sinkenden Kosten.
Stattdessen stieg die Rentabilität der Anlagen und der Ausbau wuchs
exponentiell an. Dadurch schossen die staatlichen Ausgaben in die Höhe –
zu einer Zeit, in der das Land auch unter den Folgen der
Weltfinanzkrise litt. Im September 2008 zog die Regierung die Notbremse
und baute die Förderung für Erneuerbare erheblich ab.
Anders war die Lage in Tschechien: Das Land führte seine
Energiewende-Strategie ein, um EU-Ziele zu erreichen. Die Kosten wurden
über die Stromrechnung an die Verbraucherinnen und Verbraucher
weitergegeben. Der Ausbau der Erneuerbaren ging aufgrund sinkender
Preise für Solarmodule schneller als geplant: Bereits im Jahr 2013 wurde
das EU-Ziel für das Jahr 2020 erreicht. Aus Kostengründen war eine
Fortsetzung des Erneuerbaren-Ausbaus nach der Zielerreichung politisch
nicht mehr durchsetzbar. Ein anpassungsfähigeres Regelwerk auf EU-Ebene,
das frühe Fortschritte belohnt und Stagnation verhindert, hätte den
notwendigen internationalen Druck auf die Entscheidungsträger
aufrechterhalten können.
Ausschreibungen helfen bei Kostenkontrolle
Aus den beiden Fallstudien leiten die Autoren mehrere Empfehlungen
ab, die Entscheidungsträger bei der künftigen Ausgestaltung der
Energiewende-Politik berücksichtigen sollten. „So haben Ausschreibungen
gegenüber fixen Einspeisevergütungen unter entsprechenden
Rahmenbedingungen den Vorteil, dass sie bei der Kontrolle von Mengen und
Kosten des produzierten Ökostroms helfen“, erläutert Konrad Gürtler vom
IASS. Ein weiterer wichtiger Punkt sei die Verteilung der Kosten: Beide
Fallstudien zeigten, dass die Lobbyarbeit von Unternehmen für den
politischen Abbau der Energiewende-Gesetzgebung eine wichtige Rolle
spielt. Ausnahmeregelungen für die Industrie stellen eine Strategie dar,
um diese potenzielle Quelle des Widerspruchs zu mildern. Allerdings
können solche Ausnahmen selbst eine Quelle des politischen Widerstands
darstellen. Ein Mittelweg kann eine zeitlich befristete Begünstigung
sein.
Die Politik sollte der Studie zufolge den Strukturen des
Energiesektors stärker Rechnung tragen. Spanien stehen keine
nennenswerten Exportmärkte für überschüssigen Strom zur Verfügung,
deshalb hatten die etablierten Versorger ein wirtschaftliches Interesse
daran, den Einsatz der Erneuerbaren zu begrenzen. Eine aktive Politik
zum Ausbau der Leitungen nach Frankreich hätte den Druck verringern
können. Letztlich muss jede Energiewende-Strategie auch Lösungen für die
rückläufige Auslastung konventioneller Kraftwerke enthalten.
- Gürtler, K., Postpischil, R., Quitzow, R. (2019 online): The
dismantling of renewable energy policies. The cases of Spain and the
Czech Republic. - Energy Policy, 133, 110881. | DOI: http://doi.org/10.1016/j.enpol.2019.110881
Quelle: IASS Potsdam
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