Montag, 23. Mai 2022

Die andere Medienschau – oder: Grosser Aufbruch!

Die folgende Schlagzeile muss man sich als bekennender Solarstrom-Befürworter mal auf der Zunge zergehen lassen: «Wer nicht auf Solarstrom setzt, ist unterbelichtet». Noch spektakulärer wird das Ganze, wenn man die Herkunft ortet. Die Aussage stammt von SonntagsBlick-Chefredaktor Gieri Cavelty, erschienen in der Ausgabe von vergangenem Wochenende > siehe hier. Und untermalt – neben dem Editorial - von einem ausführlichen Artikel über den Stand der Solarwirtschaft in der Schweiz. Dort dann unter anderem zu lesen, dass die Schweiz ihren gesamten Energiebedarf kostengünstig mit Solarkraft decken könnte. Heizen, Warmwasser, Mobilität inbegriffen. Und für jene Tage im Spätwinter, da die Sonne spärlich scheint und die Pumpspeicherseen leer sind, gäbe es ja zusätzlich die Windräder.

Adressen: Vergrössern mit Klick !
Doch wie wäre ein solcher Weg zur einer Schweiz mit Wasser- und Solarstrom zu bewältigen? Da passte am vergangenen Wochenende ganz gut, dass der Verband unabhängiger Energieerzeuger VESE eine Fachtagung in Olten abhielt – und auch einen Leitfaden präsentierte, dessen Titel für sich selber spricht: «Photovoltaik Selbstbau – Wir bauen unsere PV-Anlage selbst». Wer sich nicht ganz so weit vorwagen möchte, kann sich unterdessen an über 100 Solargenossenschaften in der Schweiz wenden. So gerät das Ziel, einen Beitrag an die Energiewende zu leisten, ganz sicher nicht vergessen. Dass man auf diesem Weg gesamtschweizerisch allerdings schon noch nicht so weit gegangen ist, untermalt die Tatsache, dass es in Deutschland ungefähr 8000 Enerigegenossenschaften gibt (neben Solar- vor allem auch Windgenossenschaften) und dass in eben diesem Land die Pro-Kopf-Kapazität verfügbarer Solaranlagen mehr als doppelt so hoch wie hierzulande ist.

An der VESE-Tagung trat mit Ruedi Steuri von SpiezSolargenossenschaft neben anderen auch ein engagierter Vertreter einer Institution auf, die den Weg von der ehrenamtlichen zur professionellen Organisation durchlebt und gelegentich auch durchleidet. Steuri’s Erfolgsrezept lautet unter anderem: Früh mit Bürgerbeteiligung beginnen, grosses Augenmerk richten auf die Verfügbarkeit von Dächern, die Digitalisierung wird immer wichtiger und den Nachwuchs als (grosses) Problem anerkennen. Illustriert wurde letzter Punkt durch die Tatsache, dass an der Tagung selbst die grau- und silbermelierten alten weissen Männer in deutlicher Überzahl vertreten waren. Dringend wäre schliesslich auch ein lokales und nationales Solaranlagen-Inventar. So oder so, die Eidgenossenschaft bietet doch eigentlich einen idealen Ausgangspunkt, um viele Solar-Genossenschaften zum Erblühen zu bringen.

Untermalt wird dieser Aufruf zum Selbstbau just an diesem Montag im Zürcher Tages-Anzeiger mit der Reportage über die Berner Nationalrätin Andrea Geissbühler, die in diesem Frühling selbst Hand anlegte und den Bau ihrer eigenen Solaranlage kräftig unterstützte. Die Frau gehört übrigens der Schweizerischen Volkspartei an – jener Partei, die bisher alles rund um die Energiestrategie und auch die CO2-Gesetzgebung vehement bekämpfte. Aber Geissbühler ist nicht allein, auch andernorts preschen nun plötzlich kantonale SVP-Vertreter hervor und setzen sich für Solaranlagen – etwa im Kanton Zürich.

Nüchterner beschreibt derweil der Tages-Anzeiger in der Ausgabe vom 21.Mai 2022 eine Bilanz nach fünf Jahren: Wo die Schweiz bei der Energiewende steht (für > Abonnenten siehe hier). Wie viel Energie produzieren hiesige Solaranlagen? Wie stark steigt der Stromverbrauch? Und wie steht es um die Versorgungssicherheit? Eine grosse Übersicht anhand von Daten, die leider nur in der gedruckten Zeitungsausgabe oder dann hinter der Online-Paywall einsehbar ist. So viel sei hier verraten: Derzeit ist die Energiewende entgegen anderslautender Behauptungen auf Kurs, vor allem auch der Ausbau der Solarenergie. Dazu heisst es unter anderem: « Seit 2000 nimmt die Stromproduktion aus neuen erneuerbaren Energien zu, insbesondere dank der Fotovoltaik. 2020 produzierte sie 4,7 Terawattstunden (TWh), das sind 0,3 TWh mehr, als es der Richtwert im Energiegesetz für 2020 vorsieht. Das entspricht etwa 7 Prozent der gesamten jährlichen Elektrizitätsproduktion. Bis 2035 sollen es 11,4 TWh sein. Bereits 2020 betrug die Zunahme etwas mehr als die nun jährlich nötigen 0,5 TWh – Tendenz weiter steigend. Ambitionierter wird es indes, wenn der Ausbau kompatibel zum Netto-null-Ziel erfolgen soll, wie es der Bundesrat im Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung vorschlägt. Dann müssten die neuen erneuerbaren Energien 2035 insgesamt 17 TWh Strom liefern, der Zuwachs müsste pro Jahr 0,8 TWh betragen.»

Alles bestens also? Natürlich nicht, das hat auch die Schweizerische Energie Stiftung SES in ihrer neue Vision belegt (siehe Solarmedia > hier). Aber gerade im Solarbereich ist doch schon einiges erreicht und viel mehr noch unterwegs. Das kann auch der Rechtsaussen-Chefredaktor des Nebelspalters nicht wegdiskutieren. Markus Somm plädierte in den Sonntagszeitungs-Standpunkten (siehe SRF > hier ) am Wochenende in erster Linie für den Zubau neuer AKW, gerne auch von mehr als nur einem. Diesem Vorhaben würde zwar sicher Widerstand erwachsen, sieht auch Somm, aber ein konzentrierter, der sich entsprechend konzentriert bekämpfen liesse. Wenn sich Somm angesichts der Genossenschaftsbewegung da mal nicht täuscht!

Hier Kontakt zum Verband > VESE  www.selbstbau.ch

^^^ Nach oben

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen